Landtagswahl im Saarland:SPD: "Dieser gordische Knoten ist durchschlagen"

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Haushoher Triumph: Mit Spitzenkandidatin Anke Rehlinger holt die SPD 43,5 Prozent der Stimmen. (Foto: BeckerBredel/Imago)

Versteht man die Saarland-Wahl als Signal an Berlin, hat die neue Kanzlerpartei den ersten Stimmungstest bestanden. Für die Union hingegen geht es abwärts, Ministerpräsident Hans kündigt "persönliche Konsequenzen" an. Die Reaktionen der Parteien.

Mit dem haushohen Triumph der Spitzenkandidatin und stellvertretenden Vorsitzenden Anke Rehlinger hat die SPD im Saarland den ersten Stimmungstest nach der Bundestagswahl als neue Kanzlerpartei eindrucksvoll bestanden. Für die Union, die sich seit etwas mehr als 100 Tagen mit ihrer neuen Rolle als Opposition abfinden muss, geht es hingegen weiter abwärts. Auch wenn im Saarland nur gut ein Prozent der etwas mehr als 60 Millionen wahlberechtigten Deutschen leben, gilt das Wahlergebnis als Signal für den Bund.

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte in einer ersten Reaktion zwar, der "sensationelle Sieg" sei in erster Linie mit dem Namen Rehlinger verbunden. Er betonte aber auch, dass das Ergebnis eine Ausstrahlung über das kleine Saarland hinaus habe. Es zeige: "Das Comeback der SPD, das wir bei der Bundestagswahl erlebt haben, das ist nicht einmalig." Parteichefin Saskia Esken sprach am Montag von einem "wunderbaren Freudentag". Das Ergebnis im Saarland habe der Partei Rückenwind für die Wahlkämpfe in Schleswig-Holstein und NRW gegeben, "die wir genauso geschlossen und entschlossen führen werden".

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Die Sozialdemokraten erzielen mit Anke Rehlinger 43,5 Prozent der Stimmen, die CDU stürzt ab. FDP, Grüne und Linke schaffen es nicht in den Landtag.

Der CDU-Vorsitzende hingegen sieht da keine Auswirkungen: In diese Bundesländern habe es seine Partei mit "anderen Konstellationen" und Kandidaten zu tun, sagte Friedrich Merz am Mittag. Natürlich sei die Wahl an der Saar eine "Wahl, die auch bundespolitisch wahrgenommen wird", dort sei es aber um landespolitische Themen gegangen. Das Ergebnis sei "kein Präjudiz" für die anstehenden Landtagswahlen.

Olaf Scholz und seine Ampel-Regierung waren nach der Bundestagswahl zwar in den Umfragen abgesackt. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs geht es aber für die SPD wieder nach oben. Die Kehrtwende von Kanzler Scholz in der Außen- und Sicherheitspolitik kommt gut an. Und das kurz vor der Wahl beschlossene Entlastungspaket als Ausgleich für die hohen Energiepreise könnte auch auf das Konto der SPD eingezahlt haben. Auch Spitzenkandidatin Anke Rehlinger betont, Scholz an der Spitze der Bundesregierung habe mit seinen "klugen Entscheidungen" einen wichtigen Beitrag zum Wahlergebnis im Saarland geleistet. Sie betonte: "Wir haben am gestrigen Abend gezeigt, die SPD, wir sind da. Das Ergebnis der SPD bei der Bundestagswahl war keine Eintagsfliege."

Der Sieg der SPD bedeutet den ersten Machtwechsel auf Landesebene seit fünf Jahren. "Dieser gordische Knoten ist also durchschlagen", sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er unterstrich, dass die Bundespartei eine Alleinregierung an der Saar begrüße, und hofft nun, dass das Ergebnis Rückenwind für die folgenden Wahlen gibt.

Ministerpräsident Hans will "Persönliche Konsequenzen" ziehen

Der große Wahlverlierer, der abgewählte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), kündigte am Montag an, er übernehme die Verantwortung und werde auch "persönliche Konsequenzen ziehen". Welche genau, ließ er offen - das werde man noch im Lauf des Tages in den Gremien der Saar-CDU besprechen.

Am Wahlabend selbst kamen bis auf Parteivize Andreas Jung und Generalsekretär Mario Czaja keiner aus der Bundesspitze der Christdemokraten in die Parteizentrale in Berlin. Erst nach den Sitzungen der Parteigremien trat CDU-Chef Merz vor die Presse. Das sei "kein guter Tag für die CDU" und "keine leichte Wahl" gewesen. Merz betonte, dass man in den bundesweiten Umfragen weiter vor der SPD liege.

Seit Wochen hatten sie in der CDU-Spitze den Machtverlust an der Saar nach 23 Jahren Unionsregierung bereits eingepreist. CDU-Ministerpräsident Hans habe Performance-Probleme gehabt und es nicht geschafft, die Anhänger zu mobilisieren, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Am Wahlabend sagt Czaja: "Es kommt darauf an, dass wir deutlich machen, wofür wir stehen. Das ist im Saarland so nicht gelungen. Und hier in Berlin tun wir das." Auswirkungen auf die im Mai anstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sehe er derzeit nicht. Es habe sich um eine Regionalwahl ohne weitere Auswirkungen gehandelt. "Es ist ganz offensichtlich ein saarländisches Wahlergebnis gewesen." Die dortige CDU habe es nicht geschafft, mit einem wirtschaftspolitischen Profil zu punkten.

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Die klare Dominanz von Union und SPD im Vergleich zu den kleineren Parteien bei Wahlen schien eigentlich längst Geschichte. Im Saarland erlebt sie jetzt eine kleine Renaissance: Grüne und FDP scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und müssen auf Korrekturen des amtlichen Endergebnisses hoffen.

Den Grünen fehlten nur wenige Stimmen, um über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Wie es aussehe, seien es 23 Stimmen zu wenig gewesen, sagte die Spitzenkandidatin Lisa Becker der Deutschen Presse-Agentur. Die Hoffnung der Grünen liegt nun darauf, dass sich das bis zum amtlichen Endergebnis durch Nachzählungen noch ändern könnte. Geplant ist, dass der Landeswahlausschuss das endgültige Ergebnis am 6. April bekannt gibt.

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner betonte am Montag bei einer Pressekonferenz, dass der Anlauf für seine Partei, die zehn Jahre lang lediglich der außerparlamentarischen Opposition im Saarland angehörte, nicht leicht gewesen sei. Vor diesem Hintergrund bewertete Lindner das Ergebnis der Saar-FDP als "Gewinn". "Wir bedauern es, dass es knapp nicht gereicht hat, um in den Landtag zu kommen", sagte er. Man wolle nun parteiintern gemeinsam daran arbeiten, dass die Freien Demokraten bei der nächsten Wahl es endlich über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen - ein Ziel, dass die gescheiterte saarländische Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter bekräftigte.

Besonders bitter sieht es für die Linke aus, die bei der vergangenen Wahl mit dem ehemaligen Bundesparteichef Oskar Lafontaine an der Spitze noch auf 12,8 Prozent gekommen war. Lafontaine ist kurz vor der Wahl aus der Partei ausgetreten, die Linke fliegt nun aus dem Landtag. Ein Desaster auch für die zerstrittene Bundespartei.

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