Glosse "Linksaußen":Wenn der Fuchs Gute Nacht sagt

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Ein Spickzettel ist dem TSV 1860 München im Pokal zum Verhängnis geworden. Dabei war die Vorbereitung des gegnerischen Torwarts sogar noch mangelhaft.

Von Andreas Liebmann

Am Ende klang das Ganze wie ein Kapitel aus Brehms Tierleben, oder wie eine Fabel vielleicht. "Ich bin ein Fuchs!", behauptete Lukas Wenzel beharrlich, auch wenn man ihm das partout nicht ansehen konnte. Er hatte zuvor den entscheidenden Elfmeter von Bär gehalten, was wiederum ein Debakel für die Löwen bedeutete, und vielleicht hatte ihn das Ganze dann etwas durcheinander gebracht in Aubstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.

Der SZ liegen jedenfalls eindeutige Beweise vor, dass es sich bei Wenzel keineswegs um einen Vulpus vulpus handelt, sondern um einen ganz normalen Menschen, genauer um einen 23-jährigen homo ostiarius - einen Torhüter, wenn auch um ein besonders gewitztes Exemplar (Lateiner mögen an dieser Stelle Nachsicht üben). Besagtes Debakel erlebten die Münchner Löwen, das muss man vielleicht dazusagen, weil am selben Tag auch die Tölzer Löwen in der DEL 2 mit einem 1:10 ihre erste Playdown-Serie verloren, was man wohl auch ein Debakel nennen muss. Übrigens gegen die Lausitzer Füchse. Nun geht es für die Löwen aus dem Isarwinkel final gegen den Abstieg (gegen die Bayreuth Tigers!), und was ihnen dabei mehr als alles andere helfen würde, wäre ein homo ostiarius Wenzelscher Güteklasse. Er muss sich nicht zwingend für einen Fuchs halten, sie würden auch einen Bären nehmen, ein Faultier oder einen Tintenfisch, zur Not auch einen Maulwurf - Hauptsache, er pariert. Den Tölzer Löwen sind nämlich nach diversen Verletzungen die Torhüter ausgegangen.

Fuchs bezwingt Bär: Aubstadts Torwart Lukas Wenzel bejubelt die entscheidende Parade. (Foto: Ulrich Wagner/Imago)

Doch zurück zu Lukas Wenzel und seiner kleinen Persönlichkeitsstörung, die wohl auf einem Zettel beruhte, der auf seiner Trinkflasche klebte. Er hatte die Löwen in den Spielen zuvor beobachtet, gleichsam auf Safari, er hatte ihr Verhalten am Elfmeterpunkt studiert. Auf dem Zettel stand dann etwa "15: Mitte." Weil die 15 die Trikotnummer von Marcel Bär ist, blieb der vermeintliche Fuchs beim Schuss des Bären also einfach stehen - und brachte seinen TSV Aubstadt mit dieser dritten Parade anstelle des TSV 1860 ins Toto-Pokal-Finale.

Etwas konstruktive Kritik an Wenzels Methodik kann nicht schaden. Nur neun Schützen hatte er notiert, sträflich wenig. Stephan Salger etwa fehlte auf der Liste - und traf. Was wäre wohl passiert, wenn noch andere Nichterfasste geschossen hätten? Wenn der erste Schütze zum zweiten Mal an der Reihe gewesen wäre - es gab keine Zweitpräferenzen. Ein Fuchs sollte das bedenken. Erst zwei Wochen zuvor hatte sich der Washington FC (selbstverständlich in England) im Pokalduell zweier Zehntligisten gegen die Bedlington Terriers durchgesetzt, 25:24 im Elfmeterschießen, möglicherweise ein Weltrekord. 54 Versuche, 49 Treffer (kein Fuchs im Tor), 40 Zuschauer - soweit die Zahlen. Wie viel Information passt überhaupt auf so eine Trinkflasche?

Und jetzt, da der Trick bekannt ist, braucht es nicht neue Verstecke, um nicht vor dem letzten Schuss aufzufliegen? Schüler können sich, was derlei Spickzettel angeht, im Internet inspirieren lassen: Mikroschrift auf Daumennagel; beschriftete Schokoriegel; oder der Favorit: ein dritter Arm. Der künstliche liegt im Ärmel auf dem Tisch, der echte kann derweil unter der Tischplatte Notizen durchblättern.

Mangels Tisch ist ein dritter Arm für Torhüter natürlich weniger geeignet als Spickzettelversteck, dafür könnte er die Fangquote anderweitig erhöhen. Könnte Wenzel ja mal ausprobieren. Und bei Nichtgefallen: schnell weiterschicken nach Bad Tölz.

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