Hate Speech:Das verbotene "Z"

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Eine Szene aus St. Petersburg: Russlands Propaganda-Apparat nutzt den Großbuchstaben Z als Symbol für seinen Angriff auf die Ukraine. (Foto: OLGA MALTSEVA/AFP)

Prorussische Kriegspropaganda beschäftigt jetzt deutsche Staatsanwaltschaften. Machen sich Putin-Fans wegen "Billigung eines Angriffskriegs" strafbar?

Von Ronen Steinke

Putins Kriegspropaganda hat auch in Deutschland ihre Fans. Etwa den Twitter-Nutzer, der am 17. März um 10.01 Uhr postete: "Scheiß Faschismus, Scheiß Imperialismus, Slava Russland - Z!" Oder den Facebook-Nutzer, der am 11. März um 17.34 Uhr ebenfalls auf Deutsch schrieb: "Russland hat bis jetzt alles Richtig gemacht!" Dazu drei Daumen-hoch-Emojis. Äußerungen wie diese sind Teil des Meinungsspektrums. Aber sie sind womöglich auch justiziabel. In einer Reihe von Bundesländern steigen deshalb gerade Staatsanwaltschaften in Ermittlungen ein. Vielleicht bald auch schon gegen jenen Twitter-Nutzer, der am 20. März gegen 22 Uhr in einer Diskussion zum Ukraine-Krieg schrieb: "Da hilft nur eins; Die Ukraine komplett vernichten."

In Deutschland ist es verboten, bestimmte schwere Gewalttaten öffentlich zu "billigen". So steht es im Paragrafen 140 des Strafgesetzbuchs. Zu diesen Gewalttaten gehört auch das Führen eines Angriffskriegs. Russlands Invasion der Ukraine ist ein Angriffskrieg. So hat das zwar bislang noch kein deutsches Gericht festgestellt. Aber immerhin hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag schon - verbindlich - entschieden, dass Russlands Armee grundlos "aggressiv" in die Ukraine eingefallen sei. Unter Staatsschützern etwa in München, Frankfurt oder Hannover hat das hektische Prüfungen ausgelöst. Denn womöglich heißt das: Man kann die Diskussion über diesen Krieg nicht so frei laufen lassen wie die Diskussion über andere, weniger eindeutig verbrecherische Kriege.

Russlands Propaganda-Apparat nutzt den Großbuchstaben Z als Symbol für seinen Angriff auf die Ukraine. Dass man die Verwendung dieses Symbols in Deutschland strafrechtlich verfolgen könne, darauf hat vor einigen Tagen zuerst ein Rechtswissenschaftler aus Münster im Rechtsportal Legal Tribune Online aufmerksam gemacht, Ulrich Stein. In der Justiz aber, zum Beispiel in München bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), kam man rasch zu der Einschätzung: Das Problem ist noch größer. Es geht nicht nur um das "Z". Sondern womöglich auch um Äußerungen wie jene eines Twitter-Nutzers, der am 19. März um 22.13 Uhr den Luftangriff auf die ukrainische Stadt Mykolajiw mit den Worten kommentierte: "Gut so! Zeigt der Ukraine, wo der Hammer hängt!" Dazu ein Applaus-Emoji.

In Frankfurt haben die Ermittler der Zentralstelle Internetkriminalität (ZIT) bei der Generalstaatsanwaltschaft schon etwa zehn solcher Parolen gesammelt. Diese neue Form von Hate Speech, das Anfeuern eines Angriffskrieges, wird dort auch aus der Zivilgesellschaft angezeigt, etwa über die Meldeplattform "Hessen gegen Hetze". Klar ist für die Juristen aber: Es kommt immer auf den Kontext an. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Bei Facebook kommentierte ein Nutzer am 11. März eine Rede des russischen Außenministers mit den Worten: Viele Deutsche hätten "nicht im Ansatz Kenntnis um was es wirklich geht und warum Rußland richtigerweise so handelt". Aber verstand dieser Nutzer, dass es ein Angriffskrieg ist? Billigte er dieses Menschheitsverbrechen also vorsätzlich? Ob die Strafgerichte zumindest bei eindeutigen Fällen mitziehen und Fälle ahnden werden, ist noch offen. Anklagen gibt es - noch - nicht.

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