Bundestag:FDP will Abgeordneten die Heizung runterdrehen

Bundestag: Die "Herzkammer der Demokratie" solle mit gutem Beispiel vorangehen, findet die FDP. Deshalb will sie im Reichstag und den Nebengebäuden die Temperatur senken.

Die "Herzkammer der Demokratie" solle mit gutem Beispiel vorangehen, findet die FDP. Deshalb will sie im Reichstag und den Nebengebäuden die Temperatur senken.

(Foto: Christoph Soeder/dpa)

Die Liberalen fordern, Energie zu sparen und die Raumtemperatur in den Büros "um ein oder zwei Grad" zu senken. Kein Wunder: Dort herrscht offenbar tropische Hitze.

Von Boris Herrmann, Berlin

Alle sind jetzt dazu aufgerufen, Energie zu sparen, damit dem Kriegsverbrecher Wladimir Putin das Geld ausgeht. "Jeder Kubikmeter Gas, der nicht verfeuert wird, hilft", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Jede und jeder kann dies tun", verkündete die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Man könne "für die Freiheit auch einmal frieren", findet der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. An mehr oder weniger sinnvollen Appellen mangelt es nicht, eher schon an konkreten Einspartipps. Da lässt es aufhorchen, wenn nun ausgerechnet die FDP, die Partei der Autobahnraser-Freiheit, in den Energiersparmodus umschalten will. Und zwar in eigener Sache.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Reinhard Houben, hat gerade einen Brief an Lorenz Müller, den Direktor der Bundestagsverwaltung, geschickt. Darin schlägt er eine Reihe von Maßnahmen vor, um in den zahlreichen Liegenschaften des Bundestags "wirksam Energie" einzusparen. "Als Herzkammer unserer Demokratie sollte der Deutsche Bundestag aus meiner Sicht hier mit gutem Beispiel vorangehen", schreibt Houben. So wäre es aus seiner Sicht beispielsweise angebracht, die Raumtemperatur in den Abgeordnetenbüros "um ein oder zwei Grad" zu senken.

Es geht dem FDP-Politiker aber offenbar nicht darum, im Sinne Gaucks für die Freiheit zu frieren. Es würde ihm schon genügen, wenn er bei der Ausübung seiner freidemokratischen Tätigkeiten nicht mehr schwitzen müsste. Aus Houbens Mitarbeiterstab heißt es, man habe hier im Büro konstant circa 24 Grad und könne diese Temperatur auch nicht senken ("keine Regulierung der Lüftung möglich, nur Fenster zum überdachten Innenhof").

24 Grad, da muss man sich als Nicht-Parlamentarier erst einmal gedanklich hineinfühlen. Das Portal "Rund ums Baby" empfiehlt eine Raumtemperatur von 22 bis 24 Grad, um Säuglinge zu wickeln. Die Macher der Website "Aquarium-Guide" schlagen eine Wassertemperatur von 24 bis 26 Grad zur Haltung tropischer Fischarten vor. Bei etwa 24 Grad liegt auch die Jahresdurchschnittstemperatur von Rio de Janeiro.

Wenn das Thermometer der FDP-Fraktion nicht spinnt, dann arbeiten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags also in einem Raumklima, in dem sich Neonfischchen, Babypopos und brasilianische Stürmer wohlfühlen und wahrscheinlich auch ein Sauerteig gärt. Aber unter diesen Bedingungen Politik zu machen und am besten auch noch so, dass sich Putin ärgert, das hält Houben spätestens seit dem Beginn der Zeitenwende für nicht mehr zeitgemäß.

Ein Tempolimit in Aufzügen ist wohl nicht geplant

Der Stiftung Warentest zufolge lassen sich mit nur einem Grad weniger Raumtemperatur rund sechs Prozent der Energie einsparen. Bei 736 Abgeordneten kämen da schon ein paar Prozentpunkte zusammen, die Russland womöglich wehtun könnten.

Reinhard Houben hat da aber noch mehr friedensstiftende Ideen: Denkbar wäre aus seiner Sicht auch, die Heizkörper im Bundestag zu entlüften, die Warmwassertemperatur zu reduzieren "oder in Nicht-Sitzungswochen einen Teil der Aufzüge außer Betrieb zu nehmen". Klar, jeder Aufzug, der nicht fährt, hilft. Von einem Tempolimit für Bundestagsaufzüge in Sitzungswochen steht in dem FDP-Brief allerdings nichts.

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