Literatur-Kolumne:Was lesen Sie?

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Schriftsteller Navid Kermani. (Foto: imago stock)

In unserer Interviewkolumne fragen wir Schriftstellerinnen und Schriftsteller nach ihrer aktuellen Lektüre. In dieser Folge: Navid Kermani.

Von Miryam Schellbach

Der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani ist als Essayist, Romancier und Autor von Reisereportage bekannt geworden und wurde vielfach ausgezeichnet. Er veröffentlichte zuletzt "Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott", einen Vater-Kind-Dialog über den Islam.

SZ: Was lesen Sie gerade?

Navid Kermani: Mary Ruefle, "Mein Privatbesitz" (wie immer wunderbar übersetzt von Ester Kinsky, soweit ich das beurteilen kann). Das Buch selbst kommt mir sehr wechselhaft vor, manches oder sogar vieles erscheint mir banal, aber dann kommen so starke, auch überraschende und eigene Passagen, dass ich doch dranbleibe und beinah gegen meinen Willen nun auf den letzten Seiten bin.

Welches Buch kommentieren Besucher, die an Ihren Regalen vorbeigehen, am häufigsten?

Seltsamerweise Christian Kracht, dessen Bücher genau dort stehen, wo der Blick hinfällt, wenn man mein Büro betritt. Allerdings stehen Kafka, Kleist oder Kurzeck dort ebenfalls, und da sagt nie jemand etwas.

Ein Buch, das Ihnen wichtig ist, von dem die meisten anderen aber noch nie gehört haben?

Jetzt gerade: Anatoli Pristawkin, "Schlief ein goldnes Wölkchen", für dessen Neuübersetzung ich eigens das Nachwort schrieb. Hat leider nicht viel genützt: Soweit ich es übersehe, gab es keine einzige Rezension. Also wirklich keine. Dabei ist der Roman so unglaublich ergreifend und spannend und wichtig. Und zwar mit Blick auf Putins Krieg: gerade jetzt.

Wenn Sie vier Autorinnen und Autoren zum Essen einladen dürften, auch nicht mehr lebende, wer säße mit am Tisch?

Friedrich Hölderlin, Simone Weil, Sadeq Hedayat und Ibn Arabi.

In Ihrem aktuellen Buch erklären Sie Ihrer Tochter den Islam. Worüber sprechen Sie jetzt gerade mit ihr?

In dem Buch bemüht sich ein Vater, einer Tochter am Beispiel des Islams zu erklären, was Religion ist. Überschneidungen mit realen Personen sind möglich. Was ich mit meiner Tochter gerade bespreche, ist für Außenstehende nicht so interessant.

Was ist der beste Roman über Religion, den Sie je gelesen haben?

Mit Superlativen tue ich mich in der Literatur schwer. Aber ein sehr guter Roman über Religion bleibt für alle Zeiten natürlich Dostojewskis "Brüder Karamasow".

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