Elektromobilität:Eine Batterie nach dem Baustein-Prinzip

Elektromobilität: Sie forschen an einer smarten Batterie (von links): Michael Hohenegger, Manuel Kuder, Thomas Weyh und Andreas Wiedenmann von der Universität der Bundeswehr. Einen Strandbuggy bringt die erste Version schon zum Fahren.

Sie forschen an einer smarten Batterie (von links): Michael Hohenegger, Manuel Kuder, Thomas Weyh und Andreas Wiedenmann von der Universität der Bundeswehr. Einen Strandbuggy bringt die erste Version schon zum Fahren.

(Foto: Claus Schunk)

Forscher der Bundeswehr-Universität wollen die Akkus von Stromautos in einzeln steuerbare Einheiten aufteilen, um sie sicherer und leistungsfähiger zu machen.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Natürlich weiß man nie, was die Zukunft an Innovationen noch so hervorbringen wird. Es ist aber klar, dass der CO₂-Ausstoß bei Fahrzeugen verringert werden muss, um das Klima nicht noch mehr zu schädigen. Daher kann man sicher sagen, dass Elektroautos einen immer größeren Teil der Mobilität der Zukunft ausmachen werden. Um ihr Kernstück, die Batterie, zu optimieren, forschen Wissenschaftler am Lehrstuhl von Thomas Weyh, Professor für Elektrische Energieversorgung an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, an einer innovativen Technologie. "Wir brechen mit dem konventionellen Design des Antriebsstrangs", sagt Manuel Kuder, der zu dem Thema promoviert hat und aus der Doktorarbeit das Start-up "Bavertis" gegründet hat, für das er auch eine Exist-Förderung erhalten hat.

Normalerweise liefert eine Autobatterie Gleichstrom. In den heutigen Versionen herrscht eine Spannung zwischen 400 und 800 Volt. "Wenn man damit in Berührung kommt, stirbt man", sagt Kuder. Dank ihrer neuen Technologie soll die Batterie sicherer und auch leistungsfähiger werden. Eine herkömmliche Batterie mit 400 Volt besteht aus 100 Zellen mit je vier Volt. "Wir brechen den großen Verbund auf", sagt der 33-Jährige. Dabei würden die Zwischenverbindungen unterbrochen und dazwischen Schalter so angebracht, "dass wir Batteriezellen wie Legosteine übereinander stapeln können", erklärt es der Wissenschaftler. Die Zellen lassen sich dann individuell schalten. Die neue Technik hat laut Kuder viele Vorteile. Da jede Batteriezelle also eine eigene Elektronik bekommt, hat man es im Fall einer Berührung mit vier Volt und nicht mit 400 Volt zu tun. "Es ist also weniger gefährlich", sagt Kuder. Auch wird das Risiko eines Ausfalls verringert, weil intakte Zellen unabhängiger werden von Defekten. Man muss also nicht mehr das gesamte Paket ausbauen, sondern "kann einzelne Zellen überbrücken".

Die Wallbox würde verzichtbar

Außerdem könnte man das Elektroauto an Wechsel-, Gleich- oder Drehstrom laden, also beispielsweise auch an der normalen Steckdose beim Gasthof in den Alpen - "man bräuchte keine Wallbox", sagt Weyh. Der zentrale Vorteil ist, dass man "über die Legosteine beliebige Formen von Spannungen und Strom aufbauen kann", sagt Kuder. Noch dazu soll die neue Batterie leistungsfähiger sein als herkömmliche. Bei den aktuellen Akkus ist die schwächste Zelle maßgeblich. Ist diese etwa beim Laden voll, werden auch die anderen nicht weiter geladen. Bei der neuen Version würden sich die anderen weiter laden.

Die Entwicklung des Konzepts hinter der neuen Technologie hat an der Universität der Bundeswehr eine längere Vorgeschichte. Die Idee, Spannungen über Multilevel-Konverter in Stufen darzustellen, stammt von dem mittlerweile emeritierten Professor für Leistungselektronik, Rainer Marquardt, der dafür auch ausgezeichnet wurde.

An der smarten Batterie tüfteln neben Kuder im Rahmen von Bavertis weitere drei Wissenschaftler, sie sind über den Exist-Forschungstransfer in Höhe von knapp 800 000 Euro finanziert. Am Lehrstuhl forschen fünf Doktoranden an der Batterie und Aspekten rund ums elektrische Fahren über das Projekt "More". Bei diesem geht es darum, dass ein Modellcampus entstehen soll, der die nachhaltige Mobilität der Zukunft ganzheitlich aufzeigt. Es ist am Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr angesiedelt, das über das Konjunkturprogramm der Bundesregierung zur Überwindung der Covid-19-Krise finanziert wird.

Noch sind die Schalter, die zwischen den Zellen verbaut werden könnten, relativ groß und teuer, zwei mal zwei Zentimeter messen sie in etwa. Ziel ist es laut Kuder, dass diese klein und billig werden. Für die Entwicklung solch eines Chips sucht er gerade Investoren. "Wir brauchen 2,5 Millionen Euro für die nächsten ein, zwei Jahre", sagt er. Damit sollen dann Softwareentwickler bezahlt werden, mit denen sie im Gespräch sind. Zunächst soll ein Prototyp entwickelt werden. Abgesehen von der Entwicklung des Chips sind auch noch rechtliche Rahmenbedingungen zu klären. Am Ende strebt Kuder eine Serienproduktion an. Dass die neue Technologie funktioniert, davon ist er überzeugt. Einen Strandbuggy bringt die erste Version der smarten Batterie jedenfalls schon zum Fahren.

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