Nordrhein-Westfalen:Feierlustig

Im "Mallorca-Gate" um Ministerurlaube nach der Flutkatastrophe erscheint mehr als erstaunlich, was Landeschef Hendrik Wüst wochenlang alles nicht gewusst haben will.

Kommentar von Christian Wernicke

Niemand hat was gesagt? Nichts, nicht mal unter ziemlich besten Freunden? Man glaubt kaum, was am Freitag im Landtag Nordrhein-Westfalens zur "Mallorca-Affäre" zu hören war. Also zur hemmungslosen Reisefreudigkeit mehrerer Kabinettsmitglieder der schwarz-gelben Landesregierung unmittelbar nach der Flutkatastrophe im Juli 2021.

Zur Erinnerung: Ende Februar gestand die (inzwischen geschasste) Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) öffentlich ein, sie sei nur einen Tag nach dem Jahrhunderthochwasser mit 49 Toten in NRW zurück nach Palma geflogen. Schon das war, na ja, moralisch kühn. Einen Monat später, am 24. März, musste die Politikerin einräumen: Sie verbrachte nicht nur vier, sondern gleich neun Tage unter der Sonne. Das war verwegen - und dann wurde es dummdreist. Denn am 7. April kam heraus: Heinen-Esser hatte noch die Bauministerin, den Europa-Minister und die Integrations-Staatssekretärin dorthin eingeladen, um den Geburtstag ihres Ehemanns zu feiern.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in drei Wochen, will von all dieser Feierlust nach der Todesflut nichts gewusst haben. Seit Ende Februar hing Mallorca wie eine dunkle Wolke über den vier CDU-Promis - und alle verschwiegen die volle Wahrheit (samt Feier) wochenlang ihrem Chef? Da wirken all die Reue und Scham, die das mallorquinische Quartett zuletzt öffentlich schwor, geheuchelt. Und als Rätsel bleibt: Wieso eigentlich belässt Wüst seine beiden noch verbliebenen Mallorca-Minister im Amt?

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