Entlastungspaket der Ampelkoalition:Kinderbonus, Billigticket, günstiger Sprit

Entlastungspaket der Ampelkoalition: Nicht zuletzt Familien mit Kindern kommen in den Genuss verschiedener Steuererleichterungen und Zuschüsse der Bundesregierung.

Nicht zuletzt Familien mit Kindern kommen in den Genuss verschiedener Steuererleichterungen und Zuschüsse der Bundesregierung.

(Foto: Ekaterina Yakunina/mauritius images/Westend61)

Angesichts stark steigender Preise will die Bundesregierung Bürger finanziell unterstützen. Was genau geplant ist und welche weiteren Forderungen jetzt schon erhoben werden - ein Überblick.

Von Kassian Stroh

Die Preise für Energie und Lebensmittel steigen, die Inflation in Deutschland ist so hoch wie seit vier Jahrzehnten nicht mehr. Das ist nicht nur ökonomisch ein Problem, sondern auch sozialpolitisch. Denn: Je ärmer ein Haushalt, desto höher tendenziell seine Belastung. Die Bundesregierung hat darauf reagiert und zwei sogenannte Entlastungspakete mit Maßnahmen geschnürt, die den Menschen in Deutschland helfen sollen. Das meiste davon ist noch gar nicht beschlossen, da wird bereits über ein drittes Paket debattiert. Ein Überblick:

Das neue Entlastungspaket

Mehr als 15 Milliarden Euro soll das neue Entlastungspaket kosten, das die Bundesregierung am Mittwoch formal auf den Weg gebracht hat. In drei Wochen sollen Bundestag und Bundesrat die Entlastungen beschließen. Im Einzelnen sind vorgesehen:

300 Euro Energiepreispauschale: Arbeitnehmer und Beamte bekommen im September 300 Euro ausgezahlt - und zwar von ihrem Arbeitgeber über die Gehaltsabrechnung. Selbständige bekommen das Geld auch, ihnen wird die Einkommensteuer-Vorauszahlung einmalig um diesen Betrag gekürzt. Faktisch ist die Entlastung aber deutlich geringer, da die 300 Euro am Ende wieder versteuert werden müssen. Wer nicht steuerpflichtig erwerbstätig ist, geht leer aus - also zum Beispiel Minijobber, Rentner, Kinder oder Arbeitslose.

Drei Monate günstiger Nahverkehr: Im Juni, Juli und August kann jedermann für jeweils neun Euro in ganz Deutschland den öffentlichen Nahverkehr nutzen - also Linienbusse, Tram-, U- und S-Bahnen sowie Regionalzüge, nicht aber Fernverkehrszüge. Gedacht ist das nicht nur als Entlastung, sondern auch, um neue Kunden zu gewinnen. Allerdings befürchten Experten, dass im Sommer die Menschen an übervollen Zügen verzweifeln werden. Die Fahrkarten sollen von Ende Mai an verkauft werden, vor allem als Online-Ticket. Inhaber von Semestertickets, Monats- oder Jahresabos sollen die Differenz überwiesen bekommen, also das, was sie quasi zu viel gezahlt haben. All die Einnahmeausfälle für die Verkehrsbetriebe und -verbünde will der Bund den Ländern ersetzen; die allerdings sind unzufrieden und fordern strukturell mehr Geld für den Nahverkehr (Alle Details zum 9-Euro-Ticket finden Sie hier).

Drei Monate günstigerer Sprit: Ebenfalls im Juni, Juli und August senkt die Bundesregierung die Steuer auf Benzin um 30 Cent je Liter und auf Diesel um 14 Cent je Liter - und damit auf das EU-weit vorgeschriebene Mindestmaß. Um so viel könnte dann also der Spritpreis günstiger werden, sofern die Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber die Steuersenkung eins zu eins an die Autofahrer weitergeben. Unklar ist zudem, wie sich bis dahin der letztlich entscheidende Rohölpreis auf den Weltmärkten entwickelt.

100 Euro Kinderbonus: Für jedes Kind bekommen die Eltern im Juli einmalig 100 Euro ausbezahlt. Und zwar für alle Kinder, für die sie auch einen Anspruch auf Kindergeld haben. Bei der Steuererklärung wird das am Ende auf den Kinderfreibetrag angerechnet.

Einmalzahlung für Empfänger von Sozialleistungen: Wer beispielsweise Hartz IV oder Sozialhilfe bekommt, dem wird ein einmaliger Zuschuss von 200 Euro pro Kopf ausgezahlt.

Welche Entlastungen bereits zuvor geplant waren

Die Energiepreise sind ja nicht erst in den vergangenen Wochen gestiegen. Um die Menschen in Deutschland finanziell etwas zu entlasten, hatte sich die Ampelkoalition am 23. Februar auf ein erstes Entlastungspaket geeinigt. Das sieht vor allem diverse Senkungen der Einkommensteuer vor: Der Grundfreibetrag steigt um 363 Euro auf 10 347 Euro im Jahr, der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (also der pauschale Werbungskostenabzug, den jeder in Anspruch nehmen kann) um 200 Euro auf 1200 Euro, die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer von 35 auf 38 Cent. Zudem wird zum 1. Juli die EEG-Umlage gestrichen, was den Preis für eine Kilowattstunde Strom generell um knapp vier Cent senken soll.

Zugleich gibt es Hilfen für Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben: Bezieher von Arbeitslosengeld erhalten einmalig 100 Euro, für Kinder und Jugendliche, die Sozialleistungen bekommen, werden von Juli an monatlich 20 Euro mehr ausgezahlt. Und einen nach Personen gestaffelten Heizkostenzuschuss gibt es für alle Bezieher von Wohngeld oder Bafög.

Was wird für ein drittes Entlastungspaket diskutiert?

Seit die Koalition vor fünf Wochen ihre Pläne für ein zweites Entlastungspaket präsentiert hat, wird debattiert, ob das reicht - und diese Diskussion wurde in den vergangenen Tagen lauter. Vor allem zwei Themen stehen dabei im Blickpunkt: Zum einen die Energiepreispauschale, die einigen Sozialverbänden oder auch der Linkspartei nicht weit genug geht. Sie kritisiert: "Vor allem Rentner, Studenten und Minijobber gucken in die Röhre." Auch CSU-Chef Markus Söder forderte am Donnerstagmorgen via Twitter: "Wir brauchen mehr Entlastungen - auch für Rentner und Studenten."

Zum anderen plädieren Sozial- und Verbraucherverbände dafür, die Mehrwertsteuer auf manche Lebensmittel wie Obst und Gemüse zu senken oder gar ganz zu streichen. Davon würden ihrer Ansicht nach insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen profitieren; zugleich ließen sich so Anreize für eine gesündere Ernährung schaffen. Das Thema ist innerhalb der Ampelkoalition aber umstritten. Die Grünen-Bundestagsfraktion macht Druck, "etwas gegen die Preisspirale beim Essen" zu unternehmen, unterstützt von Agrar- und Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne). Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, ebenfalls ein Grüner, lehnt das aber ab: "Wir haben zwei Entlastungspakete geschnürt, und die sollen jetzt erst einmal wirken", sagte er am Mittwoch.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, er sehe eine Mehrwertsteuersenkung kritisch und halte sie auch nicht für notwendig. "Der Staat wird nicht auf Dauer alles ausgleichen können." Man könne wirtschaftliche Härten abfedern und Strukturbrüche verhindern. "Aber das alles hat den Charakter eines Stoßdämpfers."

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