Erneuerbare Energie:Bundestag besiegelt Abschaffung der Ökostrom-Umlage

An den Strombörsen haben sich die Preise binnen eines Jahres verdreifacht.

An den Strombörsen haben sich die Preise binnen eines Jahres verdreifacht.

(Foto: Peter Hinz-Rosin/Photographie)

Das soll Verbraucher entlasten, doch in Wahrheit dämpft es allenfalls wachsende Preise. Und besonders teuer kommt es den Bund auch nicht.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Sache mit der Eiskugel hätte Jürgen Trittin sich im Nachhinein besser verkniffen. 2004, der Grüne war Umweltminister, rechnete er den hiesigen Haushalten so den Ausbau der erneuerbaren Energien schön. "Es bleibt dabei", verkündete er, die Ökostromförderung koste sie nur einen Euro im Monat. "So viel wie eine Kugel Eis." Zwar gibt es heute kaum noch eine Eisdiele, die für die Kugel nur einen Euro nimmt. Aber beim Ökostrom für einen Euro blieb es auch nicht lange. Schon zwei Jahre später zahlte derselbe Haushalt im Monat 1,60 Euro, und zehn Jahre nach dem Vergleich, 2014, satte 13 Euro. Der Siegeszug der Ökoenergien hatte einen Preis, der sich in Eiskugeln kaum aufwiegen ließ. Bis diesen Donnerstag.

Da hat der Bundestag die völlige Abschaffung der Umlage besiegelt, und das schon zum 1. Juli. Eigentlich war dies erst zum nächsten Jahreswechsel geplant, und eigentlich sollte das Ende der Umlage den Bürgerinnen und Bürgern einen Teil dessen zurückgeben, was der Staat ihnen an anderer Stelle über die Klimaabgabe abknöpft. Nun geht es vor allem darum, steigende Energiepreise zu dämpfen.

Die Verbraucher werden von der Änderung nicht viel spüren

Bislang ist die Umlage Teil der Stromrechnung. Schon 2021 hatte der Bund den weiteren Anstieg gedeckelt, 2022 dann gesenkt: Seit Januar fließt ein Teil der Förderung aus Steuergeldern. Je Kilowattstunde zahlen deutsche Haushalte und kleinere Unternehmen seither 3,72 Cent. Bei einem Verbrauch von 2500 Kilowattstunden im Jahr macht das immer noch monatlich 7,75 Euro.

Viel spüren werden Verbraucher vom Wegfall trotzdem nicht. Denn an den Strombörsen haben sich die Preise binnen eines Jahres verdreifacht, von rund fünf auf mittlerweile um die 15 Cent je Kilowattstunde Strom. Hohe Gaspreise verteuern auch die Elektrizität - und das wird sich zunehmend in Stromrechnungen spiegeln. "Die Abschaffung der EEG-Umlage allein kann die extrem gestiegenen Beschaffungskosten nicht ausgleichen", sagt Kerstin Andreae, Chefin des Branchenverbands BDEW. "Je länger das Preisniveau hoch bleibt, desto mehr werden sich die Großhandelspreise in den Tarifen niederschlagen."

Verrechnen dürfen Stadtwerke und Versorger beides aber nicht: Das Gesetz sieht vor, dass sie das Ende der Umlage zum 1. Juli weitergeben müssen. Wollen sie die Preise erhöhen, müssen sie das separat machen. Diese Vorgabe schaffe für die Kunden mehr Transparenz, , sagt Thomas Engelke, Energieexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband. "Und es wäre auch unseriös, wenn Unternehmen die Stromtarife kurz vor oder nach der Abschaffung der Umlage erhöhen würden."

Im Bundestag fand die "Absenkung auf null" am Donnerstag eine breite Mehrheit, nur die AfD stimmte dagegen. Oliver Krischer (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, lobte sie als die "größte Strompreisentlastung der letzten Jahrzehnte", mit der obendrein jede Menge Bürokratie wegfalle. Der Unions-Energiepolitiker Mark Helfrich nannte sie "alternativlos", verlangte aber zusätzlich eine Senkung der Stromsteuer.

Zumal dem Fiskus die hohen Großhandelspreise für Strom ohnehin zupass kommen - denn sie senken auch die Kosten für die Ökostromförderung. Schließlich gleicht die Förderung letztlich die Differenz zwischen den Preisen an der Börse und den fixen Einspeisevergütungen aus. Für einen Windpark etwa, der sechs Cent fixe Vergütung je Kilowattstunde erhält, kommt bei fünf Cent Börsenpreis ein Cent Förderung drauf - egal, ob per Umlage oder ab Juli aus dem Energie- und Klimafonds des Bundes. Bei Strompreisen von 15 Cent aber erledigt sich das. Selbst wenn der Bund die Förderung nun nicht übernommen hätte: In Trittins Währung wäre ein Eisbecher wieder in Reichweite geraten.

Das spiegelt sich auch in dem Konto, das bisher die Zahlungen der Stromkunden einsammelt. Inzwischen hat sich hier ein Überschuss von 14 Milliarden Euro angesammelt, allein im ersten Quartal des Jahres kamen noch einmal knapp vier Milliarden dazu - einem Quartal übrigens, in dem fast die Hälfte des deutschen Stroms aus erneuerbaren Quellen floss.

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