EU:Tanz auf den Rängen

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Nach fast drei Jahren ist die Europa-Konferenz zu Ende gegangen. Nicht viele haben Notiz von der Arbeit der Reformer genommen, und manchen Staatschefs kam das ganz gelegen.

Kommentar von Karoline Meta Beisel

Mit für EU-Verhältnisse viel Pomp ist am Montag die Konferenz zur Zukunft Europas zu Ende gegangen: mit wichtigen Reden, großen Versprechungen und etwas merkwürdig tanzenden Menschen auf den Rängen des Straßburger EU-Parlaments. All das am Europatag, dem Jahrestag der Schuman-Erklärung, die 1950 den Grundstein zum Zusammenwachsen Europas legte. Die Zeremonie war dem Anlass angemessen: Immerhin sollte die Zukunftskonferenz jene Wunde heilen, die die Staats- und Regierungschefs dadurch geschlagen hatten, dass sie nach der Europawahl die Spitzenkandidaten des Parlaments ignorierten und statt derer Ursula von der Leyen zur Kommissionspräsidentin machten.

Zwischen der Ankündigung damals und der Zeremonie heute liegen allerdings fast drei Jahre, in denen sich kaum jemand für die Konferenz interessierte, an der neben Hunderten EU-Bürgern auch Vertreter der Institutionen teilnahmen. Klar, erst kam die Pandemie, und jetzt ist Krieg. Wahr ist aber auch, dass dieses Desinteresse vielen Mitgliedstaaten ganz gelegen kam: Ihnen wäre eine weitere Modernisierung der EU eher lästig, weil diese mit einem Machtzuwachs fürs Europäische Parlament einhergehen dürfte. Kein Wunder, dass sich 13 Mitgliedstaaten am Montag erneut gegen jeden "vorzeitigen Versuch" aussprachen, die EU-Verträge zu ändern.

Allerdings täten die Staats- und Regierungschefs gut daran, die Vorschläge zur Gesundheits- oder Klimapolitik, aber auch zur Funktionsweise der EU nicht gleich wieder in der Schublade verschwinden zu lassen, sondern sich ernsthaft mit ihnen zu befassen. Zum einen, weil die Herausforderungen an Europa nicht kleiner werden: In Frankreich etwa hat sich gerade hinter einem ausgesprochenen EU-Kritiker ein linkes Bündnis versammelt, dem bei der Parlamentswahl im Juni tatsächlich Chancen auf eine Mehrheit eingeräumt werden. Zum anderen aber auch, um zu beweisen, dass die Zukunftskonferenz eben nicht nur das war, was viele von Anfang an in ihr sehen wollten: reine Beschäftigungstherapie.

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