Neuland:Musikalische Identität

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Anastasia Kovalova zeigt Filme aus ihrer Heimat Ukraine. (Foto: Denis Dolzhenko)

Ukrainische Filme in der Glockenbachwerkstatt, Desorientierung an der Uni, Netzwerken im Proberaum - Nachrichten aus dem jungen München.

Von Luca Lang, Clara Löffler und Veronika Tièschky

Betroffen

Musik und Kunst waren schon immer von zentraler Bedeutung, um die eigene Identität zu unterstreichen. Heute wie vor 50 Jahren und vor allem in Zeiten des Krieges. Von der "goldenen Ära" der ukrainischen Popmusik, die sich in den Siebzigerjahren unabhängig von der sowjetischen Ästhetik entwickelte, handelt auch der Dokumentarfilm "Mustache Funk" von Oleksandr Kowsch und Witaliy Bardezkyi. Er wird am 10. und 17. Mai beim ukrainischen Filmfestival in der Glockenbachwerkstatt gezeigt. Der Erlös geht an die Hilfsorganisation "Charity Foundation Sergiy Prytula". Veranstalterin und Filmproduzentin Anastasia Kovalova, 29, kam vor anderthalb Jahren aus Kiew nach München. Der Großteil ihrer Familie lebt noch immer dort, ihr Vater wurde in den Krieg eingezogen. "Als der Krieg anfing, habe ich mich schuldig gefühlt, dass ich nicht in der Ukraine bin, sondern an einem sicheren Ort. Ich konnte nicht einfach dasitzen und weinen. Ich musste etwas tun", sagt Anastasia.

Desorientiert

Auch mal über den eigenen Horizont hinausschauen: Paula Hofmann, Fabian Wagner, Mahlet Tadesse und Philipp Wissing (von links) bei der Planung der Desorientierungstage. (Foto: Max Bergmann)

Orientierung ist nicht immer alles. "Menschen zusammenbringen, die im normalen Studienkontext nicht zusammenkommen würden" - das sei der klare Gedanke hinter den Desorientierungstagen, sagt Matthias Lenz. Der 27-Jährige ist einer der Initiatoren der Hochschulgruppe. Er und Leon Reichmann, ebenfalls 27, merkten beide während des Studiums, dass es lange gedauert habe, bis sie aus ihrer fachlichen Blase herausgekommen sind. Um das zu ändern, riefen sie die Desorientierungstage ins Leben. Ziel sei es, Teilnehmende zu provozieren, über den Horizont hinauszublicken, sowohl im universitären als auch im nicht-universitären Kontext. So finden sich im Programm zur Auftaktveranstaltung, die vom 13. bis 15. Mai stattfindet, interdisziplinäre Vorträge, Abendprogramm für den Austausch zwischen Teilnehmenden wie auch ein Besuch im Zwischennutzungsprojekt Gabi. Das Projekt richtet sich explizit nicht nur an Personen mit akademischem Hintergrund, sondern an alle jungen Menschen, unabhängig davon, ob sie studieren. Die Uni solle damit nicht mehr nur als reiner Ausbildungsort fungieren.

Vernetzt

Rateb Nasheed hat eine Plattform geschaffen, damit sich Musiker austauschen können. (Foto: Manuel Holsteiner)

Rateb Nasheed, 29, vernetzt seit Anfang des Jahres Münchner Musiker miteinander. Er selbst spielt hobbymäßig Gitarre, Klavier und produziert eigene Beats. "Ich fand es immer sehr schade, dass wir Münchner Musiker keinen Ort haben, an dem wir uns austauschen und gemeinsam spielen können", sagt er. Daraufhin schrieb er auf Facebook und Instagram Instrumentalisten, Producerinnen, Sänger, Rapper und Songwriterinnen aus München an.

Mittlerweile trägt seine Idee den Namen "Artist Jam" und hat schon mehr als 130 regelmäßig Teilnehmende. Vier Mal pro Monat treffen sie sich in Proberäumen und machen gemeinsam Musik. Das Genre und die Musikerfahrung der Auftretenden ist dabei nicht so wichtig. Viel wichtiger ist die Vernetzung der Musiker. Ziel der Artist Jam Sessions soll es sein, Menschen zusammenzubringen, die noch wenig Bühnenerfahrung haben und das ändern wollen.

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