Aktuelles Lexikon:Herzkammer

Der Mensch hat zwei davon. Und die SPD?

Von Jan Bielicki

Der Mensch hat zwei Herzkammern. Weil sie das Blut mit hohem Druck in den Körperkreislauf pumpen muss, ist die linke die kräftigere der beiden - ganz im Sinne von Sozialdemokraten, deren Herz ja auch im politischen Sinne links schlägt. Der Sozialdemokratie als solcher wird dagegen gemeinhin nur eine Herzkammer zugeschrieben - und wahlweise im Land Nordrhein-Westfalen, im Ruhrgebiet oder in Dortmund verortet. Doch schlägt das Herz der SPD wirklich dort? Das vielgestaltige NRW war eigentlich nur in der Ära Johannes Rau sozialdemokratisch dominiert, im Ruhrgebiet immerhin gewinnt die SPD auch bei landesweiten Wahlniederlagen noch ihre Direktmandate, und Dortmunds Sozialdemokraten bemühen gerne ein Zitat von Herbert Wehner, nach der ihre heute auch nicht mehr ganz so rote Stadt "die Herzkammer der Sozialdemokratie" sein soll. Nur: Dass die SPD-Ikone das wirklich so gesagt hat, ist nicht belegt. Wehners Biograf Christoph Meyer, Vorsitzender der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung, hat in dessen Reden und Werken jedenfalls nichts davon gefunden. Als Wehner 1973 in Duisburg ein "lebenswichtiges Organ der SPD, gleichzeitig Auge, Ohr und Herzkammer der Partei" ansprach, meinte er damit die gewerkschaftsnahe Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, die er damals mitgründete, die parteiintern mächtig war - und die heute nur noch eher schwach pulsiert.

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