Landratswahl in Deggendorf:Sieg für Sibler - und Söder feiert mit

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Glückwunsch und Prost: Bernd Sibler (li.) ist neuer Landrat von Deggendorf. (Foto: Tobias Köhler/dpa)

Der Ex-Wissenschaftsminister fährt als neuer Landrat von Deggendorf einen Erfolg für die CSU ein. Die Wahl zeigt aber auch, dass Vorgänge auf Landesebene nicht zwingend Auswirkungen aufs Lokale haben.

Von Andreas Glas und Johann Osel, München/Deggendorf

"Ein tolles Wochenende" sagt Markus Söder, als er nach der Sitzung des CSU-Vorstands am Montag vor die Presse tritt. Damit meint er nicht nur seine Ausflüge - die Passionsspiele in Oberammergau, den Oberpfalz-Tag in Amberg -, sondern auch die Wahlen. Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die gern kleine Bundestagswahl genannt wird. Ein "Denkzettel" für die Ampel und SPD-Kanzler Olaf Scholz, "zum Teil auch ein Misstrauensvotum", meint Söder. Und zwei Landratswahlen in Bayern, insbesondere im niederbayerischen Deggendorf, wo Ex-Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) mit knapp 53 Prozent im ersten Wahlgang gewonnen hat.

Manche hätten das ja als kleine Landtagswahl bezeichnet, merkt Söder kritisch an, das sei "hochstilisiert" worden. Was ihn nicht davon abhält, das Ergebnis eben so zu deuten: ein Erfolg für Sibler, aber "ein Stück weit" auch für die ganze CSU. "Alles gute Zeichen" für die Landtagswahl 2023.

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Sibler, 51, setzte sich mit 52,8 Prozent durch. Dahinter folgt mit 26,1 Prozent Stefan Achatz (Freie Wähler). Die AfD hatte mit der Landtagsabgeordneten Katrin Ebner-Steiner eine prominente Kandidatin, die aber mit 6,4 Prozent Letzte wurde. Maren Lex (Grüne) kam auf 8,1, Thomas Müller (SPD) auf 6,6 Prozent. Der Bezug zur Landespolitik dieser Kommunalwahl lag bereits wegen ihres Zustandekommens auf der Hand.

Der Vorwurf des "Posten-Geschachers" spielte offenbar keine Rolle

Notwendig geworden war sie, weil der bisherige Landrat Christian Bernreiter (CSU) im Februar als neuer Bauminister nach München wechselte. Sibler verlor seinen Posten bei der Kabinettsumbildung. Diese Rochade war im Wahlkampf durchaus thematisiert worden, etwa von den Freien Wählern als "Posten-Geschacher". Das hat als Argument gegen Sibler bei der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger offensichtlich keine sonderliche Rolle gespielt.

Eine andere Lehre aus der Wahl ist wohl: Die Krisen der CSU - der Ärger um die Generalsekretäre, der Untersuchungsausschuss Maskenaffäre - haben ihr lokal wenig geschadet. Söder sagte am Montag, ohne ins Detail zu gehen, es habe keine Ablenkung gegeben durch "Dinge, die in der Bevölkerung weniger Resonanz finden als in der Parlamentsblase".

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Es lässt sich also streiten über die tatsächliche landespolitische Bedeutung. Hätte es nicht auf Anhieb geklappt für Sibler, wäre in der CSU-Landesleitung sicher jegliche Signalwirkung vehement bestritten worden. Fest steht aber, dass es ein erarbeiteter Sieg des künftigen CSU-Landrats ist.

Sibler erreichte schon immer starke Wahlergebnisse

Fehlende Bodennähe kann man Sibler nicht nachsagen, auch zu Zeiten von Spitzenämtern zeigte er in der Heimat Präsenz - bekannt ist schon allein sein Pendeln mit dem Regionalzug von Plattling nach München. Sibler erreichte auch immer sehr starke Erststimmenergebnisse bei der Landtagswahl. Söder lobte dessen "Herzblut" für den Landkreis Deggendorf, Sibler sei auch "charakterlich vorbildlich", habe nach der Demission aus dem Kabinett "nicht gejammert oder sich zurückgezogen". Es bleibe dabei, sagt Söder, "Niederbayern ist eine Stammlande für die CSU". Generalsekretär Martin Huber nannte Siblers Sieg "sensationell".

FW-Bewerber Achatz fuhr mit 26 Prozent ein ordentliches Ergebnis ein; bei dem 41-jährigen Bürgermeister einer Randgemeinde des Kreises dürfte die fehlende Bekanntheit in der gesamten Region Hindernis für einen größeren Erfolg gewesen sein. Deutlich hinter den Erwartungen zurück blieb Ebner-Steiner.

Die AfD bangt jetzt schon um die Landtagswahl

Deggendorf gilt seit Jahren als gutes Pflaster für die AfD bei Wahlen. In Parteikreisen war am Montag zu hören: Wenn selbst Ebner-Steiner in Deggendorf nichts mehr reiße, sei das ein fataler Ausblick für die Landtagswahl. Die AfD stecke ja in Westdeutschland im Tief; selbst über bekannte Personen sei da anscheinend wenig zu holen, womöglich sei Ebner-Steiners persönliche Zugkraft auch überschätzt worden. Manche in der AfD raunen nach dem Wahlsonntag: Vielleicht sei man 2023 auch in Bayern "näher an fünf als an zehn Prozent dran", wie jetzt in NRW.

Die Wahlbeteiligung in Deggendorf lag nur bei 40,8 Prozent. Im Wahlkampf war teils überschaubares Interesse erkennbar. Bei einer großen digital gesendeten Debatte der Lokalpresse mit den Kandidaten waren in der Spitze 200 Leute live dabei.

Landratswahl war am Sonntag auch im schwäbischen Dillingen, Landrat Leo Schrell (FW) hatte nach drei Amtszeiten nicht mehr kandidiert. Mit 48,2 Prozent lag Markus Müller (FW) vor Christoph Mettel (CSU) mit 45,4 Prozent. Ende Mai kommt es zur Stichwahl. Söder sagte, in dieser "Freie-Wähler-Hochburg" sei aber "noch alles drin". Bei beiden Landratswahlen seien die FW "Hauptbewerber gegen die CSU" gewesen. "Man sieht, dass das sicherlich eine Herausforderung ist", sagte der CSU-Chef mit Blick auf die Landtagswahl.

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