Theater:Was an den Kammerspielen geboten ist

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Kammerspiel-Intendantin Barbara Mundel möchte die richtigen Fragen stellen und Schlüsse daraus ziehen. (Foto: Florian Peljak)

In der neuen Spielzeit sind 16 Uraufführungen an dem Theater geplant - und auch mal ein Klassiker.

Von Yvonne Poppek, München

Es ist etwas spekulativ zu sagen, die Münchner Kammerspiele setzen das Programm fort, das sie vor zwei Jahren begonnen haben. Seit Beginn ihrer Intendanz baut Barbara Mundel zwar auf ein internationales, inklusives, sich aktuellen politischen Themen widmendes Theater. Aber die Pandemie kam dazwischen, vieles konnte nicht wie geplant umgesetzt werden. Ein scharfes Profil ist da schwer zu formen. Das wird nun erneut versucht. "Begegnungen gilt es wieder zurückzugewinnen", sagte Mundel bei der Vorstellung der Spielzeit 2022/23.

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Das soll, blickt man auf die Planungen, vor allem über die gesellschaftliche und politische Relevanz der Themen passieren, die auf der Bühne verhandelt werden, solche wie die Genderdebatte, Geschlechteridentität, Beziehungen, die Untersuchung gesellschaftlicher Strukturen. Oder wie es die Intendantin sagt: Es sollen die richtigen Fragen gestellt oder überhaupt zugelassen und dann die Schlüsse daraus gezogen werden.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die großen Theater-Blockbuster gehören nicht in dieses Profil. Überwiegend sind es Uraufführungen, die die kommende Saison bestimmen. 16 sind es von derzeit geplanten 22 Premieren. Dass bei der Eröffnung im Schauspielhaus am 30. September"Nora" gezeigt wird, darf dabei nicht in die Irre führen. Hier geht es keineswegs allein um den Text von Henrik Ibsen.

Die drei zeitgenössischen Autorinnen Sivan Ben Yishai, Gerhild Steinbuch und Ivna Žic haben interveniert und das Stück für die jetzige Zeit neu befragt. "Nora" ist also eine Uraufführung, die in der Hand der Regisseurin Felicitas Brucker liegt. Sie hatte zuletzt 2021 das rhythmisierte Textgewitter "Die Politiker" von Wolfram Lotz umgesetzt. "Nora" wird im Doppelabend gezeigt mit "Die Freiheit einer Frau" von Édouard Louis, ebenfalls inszeniert von Brucker.

Das wahnwitzigste Projekt ist eine 24-Stunden-Performance

Eines der wahnwitzigsten Projekte wird "The Second Woman" sein. Die 24-Stunden-Performance ist eine lang geplante Übernahme der beiden australischen Künstlerinnen Nat Randall und Anna Breckon. Wiebke Puls wird eine einzige Szene mit 100 Männern durchspielen, nacheinander, 24 Stunden am Stück. Überhaupt sind es die weiblichen Positionen, die in der Spielzeit unter dem Titel "Widerstand ist nicht zwecklos" zur Geltung kommen. Dafür steht auch erneut Regisseurin Jessica Glause mit der Stückentwicklung "Female Peace Palace" über pazifistische Pionierinnen.

Das Thema Alter, Sterben und das Geschäft drumherum, dem sich die Kammerspiele schon diese Spielzeit gewidmet haben, setzt die Uraufführung "A scheene Leich" fort - entwickelt von Gerhard Polt, den Well-Brüdern und dem Musiker Ruedi Häusermann. Auch knüpft das Haus an den Austausch mit Lomé an aus "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten". Regisseur Jan-Christoph Gockel plant eine Inszenierung gleichzeitig in zwei Städten.

Die "Sisterhoods" mit Warschau, Damaskus und Kiew werden fortgesetzt, ebenso das Forschungsprojekt "Erinnerung als Arbeit an der Gegenwart", die inklusiven Arbeiten und die Einbeziehung der Münchner in diverse Projekte. Auch Pinar Karabulut, die Hausregisseurin, ist mit zwei ihrer knallbunten Abende vertreten. Ein Profil schält sich also langsam heraus, bei dem am Ende der Spielzeit ein Klassiker förmlich quersteht: Tschechows "Platonow", hier unter dem Titel "Vaterlos", wird Jette Steckel mit Joachim Meyerhoff in der Hauptrolle inszenieren.

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