Pazifik:Wie man ein selbstbewusstes China einhegt

Pazifik: "Wir müssen uns der Wirklichkeit stellen": Australiens neue Außenministerin Penny Wong.

"Wir müssen uns der Wirklichkeit stellen": Australiens neue Außenministerin Penny Wong.

(Foto: Saeed Khan/AFP)

Australiens neue Außenministerin Penny Wong sieht ihr Land in einem Wettbewerb mit dem Regime in Peking. Anders als die Konservativen, die mit dem Militär drohen, setzt sie auf Entschlossenheit und Fingerspitzengefühl. Und trotzt dem alten Australien-Machismo.

Von Thomas Hahn

Wie Penny Wong die Welt sieht, erfuhren interessierte Australierinnen und Australier schon im November. Da hielt sie nämlich an der Australian National University in Canberra ihre Grundsatzrede als Schatten-Außenministerin im Team von Labor-Parteichef Anthony Albanese. Im Publikum saßen auch Mitglieder des diplomatischen Corps, also der Auslandsbotschaften in der Hauptstadt. Penny Wong begrüßte sie erfreut. Und dann sprach sie, klar und ruhig, über ihren Weg des nachhaltigen Widerstands gegen ein "selbstbewusstes China" in Zeiten von Klimawandel, Covid-19 und neuem Nationalismus.

"Wir müssen uns der Wirklichkeit stellen", sagte sie. "Wir befinden uns in einem Wettbewerb - in einem Rennen könnte man sagen - um Einfluss." Sie fuhr fort: "Militärische Fähigkeiten sind wichtig. (...) Aber wir brauchen mehr. Wir müssen alle Aspekte staatlicher Macht einsetzen - strategische, diplomatische, soziale und wirtschaftliche." Das klang anders als die rustikalen Ansagen der noch regierenden Mitte-Rechts-Koalition.

Und nun ist Penny Wong, 53, also tatsächlich Australiens Außenministerin. Am 21. Mai gewann Labor die Parlamentswahl, Penny Wong machte sich sofort an die Arbeit. Ihre Mission: Ozeaniens Zusammenhalt stärken, damit die Südsee nicht irgendwann Chinas Militärstandort im Machtspiel gegen die USA wird.

Die Aufgabe erfordert Fingerspitzengefühl und Entschlossenheit, Einsicht und Härte. Penny Wong spricht von einem "Management der Unterschiede ohne Eskalation zum Konflikt". Ihr Plan ist komplizierter als das rechtskonservative Abschreckungsgerede, das der bisherige Verteidigungsminister Peter Dutton anwendete, als er sagte: "Frieden kann man nur dadurch bewahren, dass man sich für den Krieg vorbereitet."

Aber die Welt ist nun mal kompliziert. Penny Wong weiß das. Ihr voller Name ist Penelope Ying-yen Wong. Ihr Vater ist Malaysier chinesischer Abstammung, ihre Mutter Anglo-Australierin. Geboren wurde sie in Kota Kinabalu im Norden Borneos, fünf Jahre nach Malaysias Unabhängigkeit von der britischen Krone. Ihre Familiengeschichte ist geprägt von der Invasion Japans im Zweiten Weltkrieg. Nach Australien, genauer nach Adelaide, kam sie nach der Scheidung der Eltern. Sie war acht und in der Schule starrten die Kinder auf ihr asiatisches Aussehen. "Zum ersten Mal stellte ich fest, dass meine Herkunft etwas ist, das anderen auffällt", erzählt Penny Wong in ihrer Biographie.

"Was liegt im Herzen einer wirklich zivilisierten Gesellschaft? Ganz sicher muss es Mitgefühl sein."

Sie trotzte dem Mobbing mit Leistung und machte ihren Weg. Zunächst als Anwältin und politische Beraterin. Später als Labor-Parlamentarierin. 2002 wurde sie Australiens erste offen lesbische Bundessenatorin asiatischer Herkunft. Ihre Antrittsrede im Oberhaus war so zornig und klug, dass man im Plenum aufmerkte. Kurz zuvor hatte sich ihr Bruder Toby das Leben genommen. Er hatte die Anfeindungen nicht wegstecken können. Penny Wong stand mit ihrem Kummer vor dem Politik-Establishment und sagte: "Was liegt im Herzen einer wirklich zivilisierten Gesellschaft? Ganz sicher muss es Mitgefühl sein."

Seither war sie Klimaschutz- und Finanzministerin. Erlebte die lähmende Trägheit der Politik - und dass man große Ziele nicht gegen den Mainstream erreichen kann. Noch 2004 stützte sie Labors Grundhaltung für das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe - um später dagegen zu demonstrieren, als die Partei ihre Haltung geändert hatte. 2017 stimmte Australien bei einem Referendum für die Homo-Ehe. Penny Wongs Freudentränen wurden zum Symbol einer Gesellschaft, die sich zu ihrer Vielfalt bekennt.

Und nun trägt sie also die Hoffnungen auf den richtigen Ton im Kampf gegen Chinas Weltmacht-Allüren. Es geht um Krieg oder Frieden. Viel Zeit hat sie nicht. Peter Dutton ist jetzt Oppositionsführer. Er will die national-liberale Koalition bei der Wahl 2025 wieder an die Macht führen. Aber Penny Wong hat gute Nerven und kann bei Bedarf auch austeilen. Der alte Australien-Machismo hat sie noch nie beeindruckt.

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