Münchner Altstadt:Traditionsbetrieb darf keine Solaranlage montieren - wegen Denkmalschutz

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Mehr Photovoltaik in der Münchner Innenstadt: Das fordern die Grünen-Politikerinnen Katrin Habenschaden (Mitte) und Katharina Schulze gemeinsam mit Kustermann-Geschäftsführer Caspar Friedrich Brauckmann. (Foto: Catherina Hess)

Das Haushaltswaren-Fachgeschäft Kustermann will mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach Strom erzeugen, bekommt aber keine Genehmigung. Die Grünen drängen auf eine Änderung der Gesetzgebung.

Von Anita Naujokat

Das Stichwort war für Caspar-Friedrich Brauckmann "Zeitenwende". Als der Geschäftsführer der Kustermann GmbH es das erste Mal aus Berlin hörte, brach auch für ihn so etwas wie eine Zeitenwende an. Danach seien er und der Familienrat des Traditionsbetriebs mit einem Haushaltswaren-Fachgeschäft, einem Hotel und einer Büroimmobilie mitten in der Altstadt zusammengesessen und hätten beratschlagt, was zu tun sei.

Für sinnvoll hielten sie es, selbst einen Schritt aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu machen. 600 Photovoltaik-Module, die pro Jahr 200 000 Kilowattstunden liefern, könnten auf den Dächern des Immobilien-Karrees mit 37 Parteien installiert werden, erklärte Brauckmann bei einem Pressegespräch mit Münchens Zweiter Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) und Katharina Schulze, Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion. Das wären etwa 20 Prozent des Stroms, der allein im Einzelhandelsgeschäft verbraucht werde - rund eine Million Kilowatt-Stunden im Jahr.

Brauckmann könnte sofort loslegen - wäre da nicht der Denkmalschutz

Er könnte sofort loslegen, "spätestens in drei, vier Monaten wären die Paneele auf dem Dach", sagt Brauckmann. Wäre da nicht der Denkmalschutz. Denn laut dem Bayerischen Denkmalschutzrecht ist das Vorhaben so nicht genehmigungsfähig. Und das müsse sich ändern, fordern Habenschaden und Schulze. Die ganze Altstadt stehe unter Ensembleschutz, auch Teile Schwabings. Etwa ein Fünftel der Gebäude seien unter Denkmalschutz.

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Reichlich Potenzial also, um etwas für das Klima zu tun. Windräder und Maßnahmen auf dem Land allein reichten nicht aus. Die Städte seien große Klimatreiber, jede Ebene sei gefragt, sagte Habenschaden. Doch das Wort "Klimaschutz" komme, anders als etwa in Hessen, im bayerischen Landesdenkmalrecht gar nicht vor, kritisierte Schulze. "Wir können nicht von Zeitenwende und Unabhängigkeit reden, und wenn jemand dafür etwas tun will, heißt es nur Nein und Stopp." Denkmal- und Klimaschutz müssten in ein neues Verhältnis gebracht werden - mit Schwerpunkt Klimaschutz, so Habenschaden. Und da seien alle politischen Ebenen gefragt.

Schulze und ihre Fraktion wollen noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung der Denkmalschutz-Gesetzgebung in den Landtag einbringen, der es Eigentümern erleichtern soll, auch an historisch wertvollen Gebäuden einen Beitrag für erneuerbare Energien zu leisten. Im Fall Kustermann geht es vor allem um Sichtbeziehungen vom Alten Peter aufs Ensemble. Deshalb könnten laut den Behörden keine Paneele auf die zu sehenden Dachflächen. Infrage käme so nur die Nordseite - doch die allein wäre unrentabel.

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