Schmuck:Geschmeide, die Geschichten erzählen

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Die Brosche "Oh-No!" (self portrait) von Keith Lewis aus vergoldetem Messing, Klebstoff, menschlichem Haar, Dreck, Metallspänen und Bronzepulver ist eine Schenkung von Ron Porter und Joe Price aus Columbia, South Carolina. (Foto: Kai Mewes/ Die Neue Sammlung)

Dass die Schmuckkunst mehr sein kann als Bling-Bling, zeigt eine Ausstellung der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne in München.

Von Evelyn Vogel

Gold, Silber und Lapislazuli, Kupfer, Zink und Messing, Edelstahl, Emaille, Holz, Haar, Nylon und Karton - die Vielfalt der eingesetzten Materialien in der Schmuckkunst ist groß. Die Objekte zeichnen sich oft weniger durch ihr edles Material aus, als vor allem durch ihre Machart und die Idee, die dahinter steht. Überraschend wirkt deshalb ein Armschmuck aus Karton, den Annelies Planteijdt 1982 gearbeitet hat, oder ein aus einem Stück geschnittener Ring aus Lapislazuli, mit dem Felicia Mühlbaier 2021 einer alten Steinschleiftradition zu neuem Glanz verhilft.

Recht prominent, nämlich vor dem alles überragenden Setzkasten der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne, hat Petra Hölscher vom Designmuseum die Neuzugänge aus dem Bereich des Künstler-Schmucks in Vitrinen platziert. Die Schau, die vom kommenden Wochenende an geöffnet sein wird und den Titel trägt "Schmuck // Jewelry 2012 - 2022", präsentiert 80 Schenkungen und Erwerbungen aus den vergangenen zehn Jahren. Sie soll auch eine Verbeugung sein vor der Mutter aller Schmuckausstellungen in München, der Sonderschau "Schmuck" auf der Handwerk & Design, die im Rahmen der Handwerksmesse am 6. Juli beginnt.

Von Therese Hilbert ist der Anhänger "Apfel" von 1972 aus Silber und Kunststoff zu sehen. (Foto: Ingrid Amslinger/Die Neue Sammlung)
Annelies Planteijdts Armschmuck von 1982 ist aus Karton. (Foto: Kai Mewes/Die Neue Sammlung)
Felicia Mühlbaiers Ring "Dach" von 2021 wurde aus einem Stück Lapislazuli geschnitten. (Foto: Kai Mewes/Die Neue Sammlung)

Als lang ersehnte Ergänzungen gelten der Kieselstein-Ring aus Golddraht von Naum Slutzky, dem ehemaligen Werkstattleiter am Dessauer Bauhaus, sowie der goldene Armschmuck der Bildhauerin E.R. Nele. Gemeinsam mit Förderern aus Amerika, mit denen Die Neue Sammlung oft eine langjährige Freundschaft verbindet, will man den Blick ganz besonders auf die narrative Seite der amerikanischen Schmuckkunst richten. Im gesellschaftspolitischen Kontext herausragende Arbeiten sind unter anderem die Brosche "Oh, No!" (Self portrait, 1992) von Keith Lewis, mit der sich der Künstler mit dem HIV-Virus und den Folgen für die Queere-Community auseinandergesetzt hat. Auch die Brosche "Liberty" (1998) von Joyce J. Scott mit der gestreckten Faust der Black-Power-Bewegung fügt sich in ein gesellschaftskritisches Narrativ ein.

Dank großzügiger Schenkungen sowie der langjährigen Zusammenarbeit mit der Danner-Stiftung, die etliche Dauerleihgaben beisteuerte, aber auch durch die erst in jüngerer Vergangenheit zustande gekommene Unterstützung für Ankäufe durch beispielsweise die Paul und Katrin Basiner-Stiftung fanden internationale Arbeiten aus den vergangenen 60 Jahren den Weg in die Schmucksammlung des Münchner Designmuseums. So sind nun auch Objekte von Caroline Broadhead aus Großbritannien, Esther Knobel aus Israel, Shinji Nakaba und Takayoshi Terajima aus Japan und Jung-Hoo Kim aus Korea in der Neuen Sammlung vertreten.

Mit einem Frühwerk der in München lebenden Schweizer Schmuckkünstlerin Therese Hilbert ‒ dem Anhänger "Apfel" von 1973 ‒ will Die Neue Sammlung zudem neugierig machen auf die kommende Ausstellung "Therese Hilbert. ROT", die im März kommenden Jahres unter der Glaskuppel der Pinakothek der Moderne gezeigt werden soll. Auch ihr "Apfel"-Anhänger kam erst kürzlich in die Sammlung - als Geschenk der Künstlerin.

Schmuck // Jewelry 2012 ‒ 2022, 11. Juni bis 10. Juli, Die Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40

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