Gericht:Berufsschullehrer postet Hakenkreuze

Ein 43-jähriger Pädagoge behauptet, er habe mit dem Versenden von NS-Symbolen via Facebook einen Diskurs beginnen und einen "Beitrag zur historischen Aufmerksamkeit" leisten wollen. Das Landgericht München II verurteilt den Mann jedoch wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Von Andreas Salch

Wer vorgibt, über das Wesen des Nationalsozialismus aufklären zu wollen, sollte vor allem eines tun: sich klipp und klar von der verbrecherischen Ideologie und ihren Symbolen distanzieren. Ausgerechnet einem studierten Theologen und Berufsschullehrer aus dem Landkreis Starnberg ist dies offenbar gründlich misslungen. Der 43-Jährige hatte Ende September 2019 auf Facebook ein Bild gepostet, auf dem neben anderen Diktatoren auch Hitler und ein Hakenkreuz zu sehen waren. Kurz darauf postete er zudem ein aus der NS-Zeit stammendes Schwarz-Weiß-Foto. Darauf zu sehen: ein Denkmal mit einem Zitat Adolf Hitlers, darüber das Symbol der sogenannten Deutschen Arbeitsfront - ein großes Hakenkreuz in einem Zahnrad. Beide Posts hatte der 43-Jährige nicht kommentiert und sich auch nicht von dem Gezeigten distanziert. Kaum waren die für jedermann lesbaren Beiträge verschickt, erhielt der 43-Jährige einen Strafbefehl des Amtsgerichts Starnberg über 6300 Euro wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Doch damit dürfte die Sache für ihn nicht ausgestanden sein. Die fraglichen Posts könnten sogar noch dazu führen, dass der 43-Jährige seine Anstellung als Berufsschullehrer verliert und aus dem Staatsdienst entfernt wird. Ein entsprechendes Disziplinarverfahren jedenfalls ist bereits eingeleitet.

Gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts hatte der Berufsschullehrer Einspruch eingelegt, sodass es im Dezember vergangenen Jahres zur Verhandlung kam. Auch wenn der zuständige Richter überzeugt davon war, dass es sich bei dem 43-Jährige nicht um einen Neonazi handle, der braunes Gedankengut im Internet habe verbreiten wollen, blieb es bei einer Verurteilung wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Gleichwohl senkte das Gericht die Geldstrafe aus dem Strafbefehl von 6300 auf 4900 Euro (ursprünglich 70 Tagessätze à 90 Euro).

Doch der Lehrer beharrte auf seinem Standpunkt und legte jetzt vor dem Landgericht München II Berufung gegen das Urteil aus der ersten Instanz ein. Das Vorgehen der Justiz in seinem Fall, mache ihn "fassungslos", empörte sich der 43-Jährige. Er habe mit den Posts einen "Beitrag zur historischen Aufmerksamkeit" leisten und einen Diskurs beginnen wollen - ein "Engagement, das zu loben wäre", meinte der 43-Jährige. Was er in den Beiträgen gezeigt habe, sei "Zeitgeschichte, Wissenschaft, Aufklärung". Dem Vertreter der Staatsanwaltschaft warf er vor, dass ihm abgesprochen werde aufzuklären. Dies finde er "ungeheuerlich", betonte der 43-Jährige und verstieg sich dazu, einen Vergleich zwischen dem Berufungsgericht mit dem sogenannten Volksgerichtshof der Nazis und der Scharia im Islam zu ziehen. Diese Ungeheuerlichkeit blieb für den Lehrer aber folgenlos, weil sein Anwalt sofort dazwischen ging, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.

Von seiner Überzeugung, er habe nur aufklären wollen, wich der 43-Jährige in der fast vierstündigen Verhandlung keinen Millimeter ab. Die Argumente, mit der er seine Beweggründe für das Versenden der beiden Posts verteidigte, fand auch die Richterin plausibel. Doch das Gezeigte, so die Vorsitzende, setzte eine gewisse Bildung voraus, die über die des durchschnittlichen Post-Lesers hinausgehe. Und der Vertreter der Staatsanwaltschaft meinte, hätte der Angeklagte die Posts so erklärt, wie er es hier vor Gericht tue, "säßen wir nicht hier".

In seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung forderte der Pädagoge einen Freispruch. Das Gericht verurteilte ihn dennoch wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Da die Frau des 43-Jährigen ein Kind erwartet, senkte das Gericht jedoch die Tagessatzhöhe erneut und zwar von 70 auf 50 Euro (entspricht 3500 Euro). Bei der Urteilsbegründung hob die Richterin hervor, dass es nicht darum gehe, die Meinungsfreiheit einzuschränken, sondern darum, den demokratischen Rechtsstaat vor der Wiederbelebung nationalsozialistischer Bestrebungen zu bewahren.

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