Auftakt der Reihe "Kanapee Musik Open Air" Bad Tölz:Ein Positivist zwischen Pointen, Poesie und Politik

Auftakt der Reihe "Kanapee Musik Open Air" Bad Tölz: Werner Schmidbauer ist aktuell auf Solo-Tour und gastierte im Rosengarten Bad Tölz.

Werner Schmidbauer ist aktuell auf Solo-Tour und gastierte im Rosengarten Bad Tölz.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Liedermacher und Gipfelstürmer Werner Schmidbauer eröffnet mit seinem Solo-Programm "Bei mir" das "Kanapee Musik Open Air" im Tölzer Rosengarten und erweist sich als geschickter Gratwanderer.

Von Ulrich Möller-Arnsberg

Kein Zweifel, Wolfgang Ramadan, Impresario der Veranstaltungsreihe "Brotzeit & Spiele" im Rosengarten, lässt sich durch nichts entmutigen. Trotz "Computerticket-Zusammenbruch", wie er zum Auftakt des "Kanapee Musik Open Air" am Samstag leidgeplagt verkündet hat. 18 Stunden Extra-Arbeit seien das gewesen - und "unsere Homepage geht net". Egal, Schwamm drüber, die kulturelle Grundversorgung mit "grüner Kultur", zu der man "z' Fuaß hi' geh'" kann, bleibe gesichert, versprach er und überließ dem Liedermacher und Gipfelstürmer Werner Schmidbauer die Bühne.

Der ist aktuell ohne seine musikalischen Freunde Martin Kälberer und Pippo Pollina unterwegs - solo mit "Bei mir". Er spielte als erstes "I glaub", einer der Songs seiner aktuellen Solo-CD, und erzählte danach, dass das Lied schon 20 Jahre alt ist, aber der Text vor dem Hintergrund der derzeitigen Weltlage eine völlig neue Bedeutung bekommen habe. Zum Beispiel die Zeile "dass ma des, was zum doa is, macha". Drei Gitarren hatte Schmidbauer dabei, eine Mundharmonika und eine Bluesharp. Und er freute sich mit dem Publikum über die große Auswahl, die ihm zur Verfügung stand, immer eine Pointe auf den Lippen. Mit der kleinen Gitarre begann er und kommentierte dazu, er kaufe seine Gitarren immer, wenn sie noch klein seien. Zu solchen koketten Anspielungen kamen Befindlichkeiten, wie, dass die abendliche Kühle die Gitarren verstimme, die beim Soundcheck in der Sonne noch unter ganz anderen Bedingungen klangen. Man wurde so langsam reingezogen in die Welt des Positivisten Werner Schmidbauer und das machte zunehmend Spaß. Etwa bei "Momentensammeln" und die Wahrheit, dass "alles hie' is', wenn wir aufhören, zu lachen." Dabei ist Schmidbauer beileibe kein Süßholzraspler. Er sprach davon, dass er seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar keinen Schlaf gefunden habe. Sich diese Sorge aber relativiert habe, nachdem ihm beim Fernsehen eine Ukrainerin mit drei Kindern auf der Flucht untergekommen sei, die sich auf Nachfrage eines Reporters gewünscht habe, in der gewonnenen Sicherheit endlich mal schlafen zu können. Und dann ging es bei Schmidbauer natürlich auch um all die Sachen, die immer schon gut waren. Die Ballade "One" von U2, die er in seinen jungen Jahren als ultimativen Hit entdeckt habe, etwa. Und die er solange im Kassettenrecorder abgespielt habe, bis das Band nicht mehr funktionierte. Sagte es und spielet die Version von Johnny Cash. Bei Schmidbauer ist daraus natürlich "Oans" geworden. An der Gitarre brachte der mittlerweile 60-Jährige eine Menge Abwechslung. Ungemein variantenreich war die Schlagtechnik seiner rechten Hand und links blitzte bei ihm immer, wenn gerade ein Vers zu Ende war, ein lässiges Riff über die Saiten. Die schmale Gratwanderung zwischenmenschlicher Poesie, bei der er darauf achtet, nicht anbiedernd zu sein, beherrscht er perfekt. Sein ultimatives "Social Distancing"-Erlebnis hatte er in der Zeit der Pandemie, als ihn jemand von der Zugspitzbahn-Verwaltung anrief. Der bot ihm die Erfüllung eines Traums an, nachdem Schmidbauer sein Gipfellied vom Brünnstein gerne mal auf Deutschlands höchstem Berg singen wollte. Da war er dann, ohne einen einzigen Touristen, weil es nur Versorgungsfahrten auf die Zugspitze gab. "Träume" sind überhaupt das Thema von Schmidbauer. "Stell dir vor", sang er, zählte allerhand auf und verstand es dabei, das Publikum zu animieren. Da kam er auf sein "Süden-Projekt" zu sprechen, nämlich dass er damit vor allem das "Süden-Gefühl" im Herz meine. Aus voller Brust sang er, was er auf Sizilien mit Pippo Pollina an einem Silvesterabend erlebt hat. Kritisches sprach er ebenfalls an: In "Zeit der Deppen" zum Beispiel, womit Politiker gemeint sind, die glauben, ihre Macht für anderes nutzen zu können, als wofür sie sie bekommen haben. "Glück g'habt" sang er natürlich auch und seine Hymne auf "Nelson Mandela", der nach 27 Jahren Gefängnis als Präsident von Südafrika für die Überwindung der Apartheit verantwortlich zeichnete. Bevor Schmidbauer seinen Abend beendete, machte er für den Zeitungsbericht auf sein Konzert noch eine Vorhersage. Er werde darin sicher lesen, dass er "für Stimmung gesorgt habe". Aber so wird es nicht kommen. Eines der letzten Lieder war noch einmal ein wichtiges. Es ging um eine alte Weisheit des römischen Staatsmannes Cicero: "Fang nie an, aufzuhören, höre nie auf, anzufangen." Ein großartiges Credo für ein Festival, dessen Auftakt großen Applaus erhielt und das noch bis zum 3. Juli dauert.

Mehr Informationen zum Programm unter www.brotzeitundspiele.de

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