Bilderbuchwissen:Die Acht im Schubkarren

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(Foto: Beltz & Gelberg)

Ein wildes Spektakel um Zahlen, das schon Kleine, auch mit den Gedichten von Guggenmos, neugierig macht

Von Stefan Fischer

Logik ist etwas Feines. Deshalb ist auch die Mathematik etwas Feines, ja Schönes. Weil in ihrer Logik eine wunderbare, durchaus ästhetische, strukturierende Klarheit liegt. Und damit nicht genug: Der Mathematik wohnt nämlich auch etwas sehr Spielerisches inne - und so auch den Zahlen als deren zugänglichster Basis.

Man kann mit Zahlen eine Ordnung herstellen. Aber auch Unfug treiben mit ihnen. Chaos stiften. Jonglieren, tricksen und täuschen. Ein "Zahlenspektakel" veranstalten, wie es Sabine Kranz in ihrem gleichnamigen Buch tut. Die Illustratorin wendet sich damit an Kinder ab dem Alter von fünf Jahren, die noch nicht wirklich rechnen und lesen können und gerade dabei sind, sich einen Begriff von Zahlen zu machen.

Nun gibt es etliche Bücher, die einen verspielten Zugang zu Zahlen ermöglichen. In der Regel geht es in ihnen schön ordentlich zu: erst die Eins, dann die Zwei, und spätestens bei der Zehn ist Schluss. Hier aber: 79, 180, 0183-246 ... alles bunt durcheinander. Preise, Hausnummern, Autokennzeichen, Telefonnummern, Sportergebnisse. Ein Wimmelbild zeigt ein Fußballspiel zwischen Füchsen und Hühnern. Alle Tiere tragen Trikotnummern, auf der Anzeigetafel steht der Spielstand (2:2), auf einer Digitaluhr die verbleibende Spielzeit. Zahlen über Zahlen also, wie sie einem im Alltag begegnen. Ein paar Doppelseiten weiter ist eine Straßenszene zu sehen, auf einer Parkbank sitzt ein Eichhörnchen und liest Zeitung. Aus der erfährt man: Die Hühner haben das Spiel mit 3:2 gewonnen - offenbar ein wenig glücklich.

Die Zahlen stehen eigentlich nicht im Mittelpunkt, und doch sind sie überall. Sie zeigen die Liniennummer eines Busses an, die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit, eine Hausnummer, Öffnungszeiten. Es gibt auch Illustrationen, die das Zahlenspektakel ins Absurde treiben: ein nullförmiges Vogelei, eine Sechs als Skulptur und eine Acht, die in einem Schubkarren gefahren wird. Jede Ordnung in diesem Buch ist von der Anarchie bedroht, jedem Sinn steht ein Blödsinn gegenüber. Wie etwa in dem Gedicht "Die vergesslichen Räuber": Da ziehen sieben Räuber sieben Jacken an und sieben Hüte auf, schlüpfen in sieben Socken und sieben Stiefel. Nur sind sieben Socken und Stiefel für sieben Männer eben nicht genug, und so kehren sie rasch fußlahm zurück in ihre Räuberhöhle.

Diese Gedichte sind von Josef Guggenmos, auch sie sind - in diesem Fall sprachliche - Zahlenjonglagen. Ihr Charme und der Charme der Bilder fügen sich sehr gut ineinander. Am Ende weiß man womöglich immer noch nicht, wie viel vier ist und ob nun fünf oder acht die größere Zahl ist. Entwickelt aber die Lust, die Antwort selbst herauszufinden.

Sabine Kranz: Zahlenspektakel. Von null bis unendlich. Beltz & Gelberg 2022. 40 Seiten, 15 Euro

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