Ukraine:Ukraine legt Liste nötiger Waffen vor

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Laut der Ukraine fehlt es an allem: Munition, Waffen, Gerät. (Foto: Reuters)

Schneller, schwerer, mehr: Kiew fordert dringend massivere Waffen. Ein Problem ist, dass auch zugesagtes Gerät noch nicht bei den Soldaten ist.

Von Andrea Bachstein, München

Mehr und schneller sollen die Waffen kommen, drängt Kiew, und schwere Waffen müssten es nun sein. Es fehle an allem, den Verteidigern der Ukrainer gehe selbst grundlegende Munition aus, und auch die Zeit läuft ihnen davon. Seit Russlands Militär sich im Donbass konzentriert hat, rückt es langsam, aber beständig vor. Der stete russische Artilleriebeschuss aus der Distanz ist extrem zerstörerisch. Die aus vielen Ländern gelieferten leichten Waffen wie Stinger- oder Javelin-Raketen, mit denen die Ukrainer in der ersten Kriegsphase russische Panzer vernichteten, nützen ihnen kaum noch.

Das Verhältnis militärischer Ausrüstung in der Ostukraine liege bei 1:10 zugunsten der Russen, sagte Andrij Sahorodnjuk, Ex-Verteidigungsminister der Ukraine und Sicherheitsberater der Regierung. Westliche Länder, führend die USA, haben schwere Waffen zugesagt, aber nicht alle sind an den Fronten angekommen, und der Transport wird immer schwieriger. Für einige Systeme müssen die Soldaten zudem erst geschult werden. Zahlen zu all dem sind schwer nachprüfbar, was wann geliefert wird, ist teilweise geheim.

Nach Angaben ihrer Militärführung hat die Ukraine aus dem Ausland bislang nur ein Zehntel der notwendigen Waffenhilfe bekommen. "Von dem, was die Ukraine gesagt hat, dass sie es braucht, haben wir bis heute etwa zehn Prozent", sagte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar am Dienstag im ukrainischen Fernsehen. Russland sei an Rüstung und Zahl der Soldaten unendlich überlegen. Die Ukraine verschieße täglich 5000 bis 6000 Artilleriegeschosse, Russland etwa zehn Mal so viele, sagte Maljar laut dpa in Kiew. "Egal wie die Ukraine sich anstrengt, egal wie professionell unsere Armee ist, ohne Hilfe von Partnern werden wir diesen Krieg nicht gewinnen können."

Eine umfangreiche Bestellliste

Wolodimir Selenskijs Berater Mychajlo Podoljak hat eine Liste getwittert, mit den schweren Waffen, die sein Land brauche, um eine Chance zu haben gegen Russlands Militärmacht: 300 Mehrfachraketenwerfer längerer Reichweite, 2000 gepanzerte Fahrzeuge, 1000 Drohnen, 500 Panzer wie den Gepard oder den schweren Kampfpanzer Leopard. Des Weiteren: 1000 Haubitzen für Nato-übliche 155-Millimeter-Geschosse, denn die Munition für 152-Millimeter Haubitzen aus russischer Produktion ist erschöpft. Die Lücken zwischen genanntem Bedarf und zugesagter oder gelieferter Ausrüstung ist groß. Laut von der Financial Times veröffentlichten Angaben der spezialisierten Onyx-Website und der Ukraine sind 270 Panzer geliefert oder zugesagt von 500 benötigen, 50 von 300 Mehrfachraketenwerfern, 250 von 1000 Haubitzen. Ukraine-Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sagte vergangene Woche, 155-Millimeter-Munition habe man nun, aber keine Haubitzen, um sie abzufeuern.

Größte Unterstützer sind die USA, 42 Milliarden Dollar beträgt ihre Ukraine-Hilfe, etwa die Hälfte für Militärisches. Jeweils für finanzielle, humanitäre und militärische Zwecke folgen Großbritannien mit fünf Milliarden Euro, die EU mit 4,1 Milliarden, Polen mit 2,5 Milliarden, Deutschland mit 2 Milliarden Euro. Unter den Waffenlieferanten sind auch die Niederlande, Frankreich oder Norwegen, das Mistral-Flugabwehrraketen geschickt hat. So ist das Arsenal der Ukrainer gemischt, russische T-72-Panzer sind dabei aus eigenem Bestand und angeblich 200 aus Polen. Die Slowakei schickte das russische Flugabwehrsystem S-300. Großbritannien lieferte nach eigenen Angaben mehr als 200 000 Waffen, vor allem zur Panzerabwehr. Aus Frankreich kommt auch Caesar-Artillerie, die USA schickten neben anderen 700 Switchblade-Drohnen, die beim Treffen des Ziels selbst zerstört werden.

Überlegungen, russische MiG-29-Jets aus Polen, Bulgarien und der Slowakei zu liefern, scheiterten wohl an US-Bedenken. Die hatte der Westen auch bei Mehrfachraketenwerfern, weil sie bis in russisches Territorium treffen können. Und Moskaus Reaktion auf Einschläge dort fürchten alle.

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