Tarifeinigung:Durchbruch bei Stahl-Tarifverhandlungen

Stahlindustrie: Eisengießerei in Torgelow

Arbeiter gießen flüssiges Eisen mit einer Temperatur von 1400 Grad in der Eisengießerei Torgelow in vorbereitete Formen. Bald gilt für sie ein neuer Tarifvertrag.

(Foto: Jens Büttner/picture alliance/dpa/dpa-Zentral)

Löhne und Gehälter sollen von August an um 6,5 Prozent steigen. Die IG Metall spricht von der größten prozentualen Erhöhung in der Stahlindustrie seit 30 Jahren.

Nach schwierigen Verhandlungen und Warnstreiks haben sich die IG Metall und die Arbeitgeber auf einen neuen Tarifvertrag für den Großteil der deutschen Stahlbranche geeinigt. Zum 1. August sollen die Löhne und Gehälter um 6,5 Prozent steigen, wie die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband Stahl in Düsseldorf mitteilten. Der Vertrag läuft 18 Monate und beginnt im Juni. Die unteren Entgeltgruppen sowie die Auszubildenden profitieren zudem von den 500 Euro beziehungsweise 200 Euro überdurchschnittlich.

Beide Tarifparteien treffen sich damit ungefähr in der Mitte zwischen ihren Positionen. Die Arbeitgeber hatten zuletzt bei einer Laufzeit von 21 Monaten eine Erhöhung von 4,7 Prozent angeboten. Die IG Metall wiederum hatte bei einjähriger Laufzeit 8,2 Prozent mehr Geld gefordert. In den vergangenen Wochen hatten Tausende Beschäftigte in Städten wie Salzgitter, Bremen, Bochum und Duisburg an Warnstreiks teilgenommen, um die Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen.

Der Tarifvertrag gilt für Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen, wo 68 000 Menschen in der Branche tätig sind. Die Tarifpartner in Ostdeutschland dürften die Vorgaben übernehmen. Damit der Tarifvertrag gültig wird, ist noch die Zustimmung der Tarifkommission der IG Metall nötig. In den kommenden Wochen wird in den Betrieben noch ein Stimmungsbild in der Belegschaft eingeholt, danach dürfte die Gewerkschaft ihre finale Zusage erteilen - dass dies passiert, gilt als so gut wie sicher. Die Arbeitgeberseite hat dem Papier bereits zugestimmt.

Die Erhöhungen des alten Tarifvertrags hat die Inflation aufgefressen

Gerhard Erdmann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbands Stahl, sagte nach der Einigung, dass die Tariferhöhung "am obersten Rand des gerade noch Vertretbaren" liege. Man hoffe, dass sich die konjunkturellen Risiken - wie etwa die globalen Lieferketten-Probleme und die Folgen des Ukraine-Krieges - nicht mit voller Wucht auf die Stahlbranche auswirkten. "Sollte das passieren, müssen die Tarifparteien Lösungen finden."

Der IG-Metall-Bezirksleiter NRW, Knut Giesler, zeigte sich zufrieden. "In Zeiten einer hohen Inflation ist uns ein Verhandlungsergebnis gelungen, das den Beschäftigten sofort ein deutliches Plus von 6,5 Prozent ins Portemonnaie bringt." Es handele sich um die höchste prozentuale Erhöhung in der Stahlindustrie seit 30 Jahren. "Mit diesem Ergebnis erhalten die Beschäftigten ihren berechtigten Anteil an der momentan sehr guten wirtschaftlichen Situation der Branche."

Der alte, ausgelaufene Tarifvertrag war im März 2021 vereinbart worden, damals hatte die IG Metall das Volumen der Erhöhungen auf etwa zwei Prozent beziffert und von Reallohnsteigerungen gesprochen. Der Blick zurück zeigt, wie sich die Zeiten geändert haben: Damals war die Inflation noch kein großes Thema - das ist heute völlig anders. Waren und Dienstleistungen kosteten im Mai durchschnittlich 7,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

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