Geschichte:Wie ein Churchill die Bayern zähmte

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25 000 Tote und Verletzte: Die Schlacht von Höchstädt war ein stundenlanges Gemetzel. (Foto: Bayerische Schlösserverwaltung)

Vor 300 Jahren starb John Churchill, Sieger der Schlacht von Höchstädt, bei der die Fundamente Europas gesetzt wurden. Er erwarb sich unsterblichen Ruhm - und faszinierte einen noch viel berühmteren Nachfahren.

Von Hans Kratzer

Vor 300 Jahren ist John Churchill, der erste Duke of Marlborough, gestorben. Unsterblichen Ruhm erwarb er sich als Sieger jenes fürchterlichen Waffengangs, der sich am 13. August 1704 am Rande des schwäbischen Dorfs Blindheim zugetragen hat. Das Gemetzel, das als die Schlacht von Höchstädt in die Annalen einging, dauerte nur wenige Stunden, danach lagen 25 000 Tote und Verwundete auf den Feldern. Das heutige Europa ist das Ergebnis dieser Schlacht.

Die bayerischen Soldaten kämpften damals an der Seite der Franzosen, aber gegen die Koalition aus englischen und österreichischen Truppen hatten sie keine Chance. Bereits in Blindheim wurde deutlich, was heute in der Ukraine zu beobachten ist: Der Lauf der Welt wird von den Mächten des Irrsinns gelenkt. Ein Herrscher von großer Hirnverbranntheit war leider auch der bayerische Kurfürst Max Emanuel, den zudem der Größenwahn plagte. Bei einem Sieg wäre das damalige Kurbayern, bevölkert von Sauhütern und Kuhmägden, wohl eine Supermacht geworden. Stattdessen begann in der blutgetränkten Donauebene der Aufstieg Englands.

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Für die Bayern begann nun eine zehnjährige Leidenszeit, denn die österreichischen Besatzer drangsalierten sie bis aufs Blut. Die geschundenen Bauern, die 1705/06 den Aufstand probten, wurden in der Sendlinger Mordweihnacht niedergemetzelt. Aber die Geschichte macht, was sie will, sie zu verstehen, ist schier unmöglich. Als der nach Brüssel verbannte Max Emanuel sein ausgezehrtes Land 1714 zurückbekam, da setzte eine Blüte der Baukunst ein. Der aggressivste Herrscher, den Bayern je hatte, vollendete voller Feinsinn auch Barockschlösser wie Schleißheim und Nymphenburg, die in der höchsten europäischen Liga mitspielen.

Das Grauen und die Ästhetik - Max Emanuel vereinigte diese konträren Kräfte problemlos. Neben dem Schlachtfeld ist auf einer Bodenplatte zu lesen: "Die Schlacht bei Blindheim hat die politische Achse der Welt verschoben - Winston Churchill." Aha, schon wieder ein Churchill, aber was für einer. Der englische Staatsmann (1874-1965), einer der bedeutendsten Politiker des 20. Jahrhunderts, wurde in Blenheim Palace geboren. In jenem berühmten Schloss also, das einst sein Vorfahre John Churchill als Belohnung für seinen Sieg erhielt. Battle of Blenheim, so heißt die Schlacht von Höchstädt in England, daher der Name.

1953 bekam Winston Churchill den Literaturnobelpreis, nicht zuletzt für seine famose Biografie über seinen Vorfahren John Churchill, der in Blindheim dafür gesorgt hatte, dass die Bayern Vernunft annahmen und fortan ihre Weltmachtsträume begruben.

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