Documenta in Kassel:Antisemitische Banner-Installation wird abgebaut

Documenta in Kassel: Noch steht das Großgemälde "People·s Justice" (2002) des indonesischen Kollektivs Taring Padi auf dem Kassler Friedrichsplatz.

Noch steht das Großgemälde "People·s Justice" (2002) des indonesischen Kollektivs Taring Padi auf dem Kassler Friedrichsplatz.

(Foto: Uwe Zucchi/dpa)

Noch heute soll das Banner von der Documenta verschwinden, sagt der Kasseler Oberbürgermeister. Er fühle sich "beschämt".

Die großflächige Banner-Installation auf der Documenta in Kassel, die wegen antisemitischer Motive einen Eklat verursacht hat, wird abgebaut. Dies solle noch am Dienstag geschehen, sagte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD).

Das Werk namens "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi zeigt unter anderem einen Soldaten mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift "Mossad" - die Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes. Die Verantwortlichen der Documenta hatten zunächst entschieden, das Werk mit schwarzen Stoffbahnen zu verhängen - drei Tage, nachdem es installiert worden war.

"Ich bin wütend, ich bin enttäuscht. Denn die Stadt Kassel und ich als Oberbürgermeister, wir fühlen uns beschämt. Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen", sagte Geselle.

Das Künstlerkollektiv Ruangrupa, das die Documenta kuratiert, habe aber immer versichert, dass Antisemitismus, Rassismus oder Gewalt keinen Platz auf der Documenta haben würden, betonte Geselle. "In diesem einen Fall sind sie ihrer Verantwortung ganz offensichtlich nicht gerecht geworden."

Den Abbau hatte unter anderem der Förderkreis "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" gefordert. "Die Verantwortlichen müssen dafür Sorge tragen, dass aufgearbeitet wird, wie ein solches Bild überhaupt aufgehangen werden konnte", sagte die Vorsitzende des Förderkreises, Lea Rosh. Sie sprach in Bezug auf die Documenta von "Antisemitismus mit langer Ansage". Seit Monaten seien die Verantwortlichen aufgefordert gewesen zu reagieren, es sei jedoch lediglich "beschwichtigt, ignoriert und wegmoderiert" worden. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte sich für die Entfernung der Banner-Installation ausgesprochen. Das Werk weise eindeutig antisemitische Bildelemente auf, sagte die Grünen-Politikerin.

Das Internationale Auschwitz Komitee rief zum Dialog mit den Künstlern auf. "Es wird höchste Zeit, im Rahmen dieser Documenta ein Gespräch zu beginnen, die Künstler zu hören, aus welcher Weltsicht diese Bilder so entstanden sind, und seitens der Documenta öffentlich zu erklären, warum diese Bilder hier auf Widerstand und Ablehnung stoßen", erklärte Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.

Das Banner war erst installiert worden, nachdem viele Journalisten und Fachbesucher die Documenta schon vorbesichtigt hatten - den Veranstaltern zufolge am vergangenen Freitagnachmittag. Der angegebene Grund für die Verspätung: notwendige restauratorische Maßnahmen aufgrund von Lagerschäden. Das Werk wurde nicht für die Documenta 15 angefertigt, sondern war erstmals 2002 auf dem South Australia Art Festival in Adelaide zu sehen gewesen.

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