Mario Götze zu Eintracht Frankfurt:Ein Coup

Lesezeit: 3 min

Mario Götze (hier im Trikot des PSV Eindhoven) kommt doch noch einmal zurück in die Bundesliga. (Foto: Maurice Van Steen/dpa)

Mario Götze kehrt in die Bundesliga zurück - er übernimmt die Spielmacher-Position bei Eintracht Frankfurt. Nach seinem traurigen Abschied aus Dortmund hat die Zeit in Eindhoven seine Karriere gerettet.

Von Philipp Selldorf

Zu Wochenbeginn hat PSV Eindhoven das Training für die neue Saison aufgenommen, nach dem Deutschen Roger Schmidt führt jetzt wieder ein Einheimischer Regie - ein Landsmann von großer Berühmtheit, der mit viel Applaus willkommen geheißen wurde. Die Ankunft des neuen Trainers Ruud van Nistelrooy, einst Mittelstürmer der Nationalmannschaft, beendet gewissermaßen eine Epoche in der Vereinschronik: Das Zeitalter der Deutschen bei PSV ist nun Geschichte.

Schmidt, 55, hatte bereits im Winter seinen Abschied bekannt gemacht, in einer Woche nimmt er seine Tätigkeit bei Benfica Lissabon auf. Mit ihm verlassen auch die deutschen Stabsmitglieder den Verein: seine zwei Assistenten, der Fitnesscoach, ein Physiotherapeut und im weiteren Gefolge der Ersatztorwart Vincent Müller (demnächst MSV Duisburg) sowie ein Mitarbeiter, der eigentlich noch vertraglich gebunden ist, von PSV aber während der ersten Trainingssession mit van Nistelrooy vom Dienst befreit war. Mario Götze, 30, durfte sich die Zeit nehmen, um seinen Wechsel zu Eintracht Frankfurt "abzurunden", wie der Telegraaf berichtete. Die amtliche Bestätigung der Eintracht kam prompt am Dienstagabend.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Das Gerücht, dass sich Götze dem hessischen Europacupsieger anschließen könnte, kam Ende der vorigen Woche auf, doch da war die Sache längst mehr als bloß Geraune. Götze hatte sich im Grunde schon entschieden. Zwar hatte ihn Schmidt wie die Co-Trainer Jens Wissing und Jörn Wolf und den Fitness-Experten Yann-Benjamin Kugel mit nach Portugal nehmen wollen, und Götze war auch keineswegs abgeneigt, seinem Karriere-Retter zu folgen. Gespräche mit Benfica fanden statt, doch auch die Eintracht war bereits als Interessent vorstellig geworden.

SZ PlusMeinungSadio Mané zum FC Bayern
:Seht her, ihr Ungläubigen!

Ja, man darf dem FC Bayern zum Transfer von Sadio Mané gratulieren. Aber die Personalie lässt Rückschlüsse aufs Innenleben des Vereins zu - und die wahre Arbeit beginnt erst.

Kommentar von Christof Kneer

Manager Markus Krösche und Trainer Oliver Glasner bewahrten Ruhe und blieben dran, als sich die Aussichten auf den Coup zwischenzeitlich verschlechterten, und nun hat sich Götze tatsächlich für die Rückkehr in die kalte Heimat entschieden statt für ein attraktives Engagement im Ausland. Auch die amerikanische MLS hatte ihn gelockt.

Finanziell muss sich die Eintracht dennoch nicht verausgaben: Die Entschädigung für PSV ist auf vier Millionen Euro fixiert, das Gehalt für Götze liegt weit entfernt von den zweistelligen Millionen-Beträgen, die er in den Zeiten beim FC Bayern und bei Borussia Dortmund bekam. In Eindhoven war er mit drei Millionen Jahresgage bei Weitem der Spitzenverdiener, in Frankfurt dürfte die Dimension ähnlich sein.

SZ PlusFC Bayern und Sadio Mané
:Der 35-Millionen-Pfundskerl

Beim FC Liverpool trauern sie Stürmer Sadio Mané hinterher. Beim FC Bayern müssen sie nun überlegen, was die Ankunft des neuen Angreifers für Robert Lewandowski und Serge Gnabry bedeutet.

Von Javier Cáceres und Christof Kneer

Das Bündnis zwischen der Eintracht und dem ehemaligen Dortmunder ist in gewisser Weise eine Prominentenhochzeit, und darin liegt womöglich auch das größte Risiko des Unterfangens. Beim Europacupsieger ist zurzeit alles eine Nummer größer als zuvor, nicht unbedingt sportlich, aber in der öffentlichen Wahrnehmung. Dass die DFL zum Saisoneröffnungsabend den FC Bayern mit der Eintracht zusammenführt, ist ja nicht das Resultat einer Würfelrunde, sondern der Versuch, einen Knalleffekt zu erzeugen, der nicht nur in Deutschland Gehör finden soll. Und jetzt beehrt die Begegnung auch noch Mario Götze, einst das Spitzentalent schlechthin und bis in die Ewigkeit der Siegtorschütze von Rio de Janeiro 2014. Erst Sadio Mané und gleich darauf Super-Mario - das sind gute Nachrichten für Donata Hopfen, die DFL-Geschäftsführerin. Und vielleicht, so wird schon überall spekuliert, freut sich auch Hansi Flick, dass er Götze quasi vor der Haustür besichtigen kann. Aus gemeinsamen Zeiten bei der Nationalelf verbindet sie ein dezidiert gutes Verhältnis.

Schmidt und Trainerteam nahmen Götze in Spezialbehandlung

An dieser Stelle wäre es dann vielleicht angebracht, im Geschichtsbuch zwei Jahre zurückzublättern. Im Sommer 2020 schied Götze von seinem Stammverein Borussia Dortmund auf denkbar trostlose Art: Beide Seiten hatten sich nichts mehr zu sagen, der Vertrag lief kommentarlos aus, von einem Angebot auf Verlängerung hat der BVB ausdrücklich abgesehen. In Götzes Leben hätten sich "die Prioritäten verschoben", hieß es. Fußball stünde bei ihm nicht mehr an der Stelle, wo er bei einem Profi hingehört.

Der überraschende Wechsel zur PSV sollte sich, im Hinblick auf seine Karriere, als Glück erweisen. Anfangs war das nicht unbedingt abzusehen: Es war keineswegs so, dass Götze vor Energie und Lust und Leidenschaft sprühte, als er sich in Eindhoven vorstellte. "Verlorenheit in sich und seinem Kosmos" habe er ausgestrahlt, erzählen Zeitzeugen. Schmidts Trainerteam nahm ihn in Spezialbehandlung. Fitness-Coach Kugel - auch er Weltmeister mit dem DFB-Team - und Physiotherapeut Steffen Lutz leisteten, so heißt es, "Komplettbetreuung". Das Ergebnis lässt sich an den Einsatzzeiten ablesen: Im zweiten Jahr bei PSV bestritt er 52 Wettbewerbsspiele, allein 17 in den diversen Europacup-Begegnungen. Zwölf Tore und elf Torvorlagen schmücken seine Bilanz. "Viel klarer und aufgeräumter" erlebten ihn zuletzt die Kollegen im Verein.

Auch die Aussicht auf die Champions League spielt eine Rolle

Im Herbst vorigen Jahres ist Mario Götze auch zum Berater Volker Struth zurückgekehrt, der ihn zu Beginn der Karriere betreut und von dem er sich zwischenzeitlich durchaus melodramatisch getrennt hatte. Seinen nächsten Verein hat er sich, wie betont wird, ganz und gar selbst ausgesucht, die medialen Erwartungen schreckten ihn nicht ab. Die Aussicht auf die Champions League und die Strahlkraft der Eintracht hätten ihn angezogen. In Frankfurt tritt er als potenzieller Spielmacher in die Tradition großer Vorgänger ein: Von Jürgen Grabowski, Lajos Detari, Uwe Bein und Andy Möller bis Daichi Kamada, der - Stand jetzt - an seiner Seite spielen wird.

In Eindhoven denkt man gern an die zwei Jahre mit Götze und die verbleichende deutsche Periode zurück. Letzter Verbliebener ist nun Philipp Max, 28. Union Berlin bemüht sich angeblich um seine Heimholung in die Bundesliga.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: