Umwelt:Gibt's heute wieder Tütensuppe?

Umwelt: Illustration: Katie Benn; Foto: All mauritius images

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Für die allermeisten Tiere ist Plastik gefährlich. Einige wenige Lebewesen aber haben unseren Müll auf ihren Speiseplan gesetzt: Wachsmotten und Pilze, Superwürmer und Quallen. Können sie vielleicht den Planeten retten?

Von Birk Grüling

Bakterien gegen Plastikflaschen

Winzig klein, aber riesigen Hunger: Manche Bakterien futtern tatsächlich Plastikmüll. Ein Bakterium mit dem Namen "Ideonella Sakaiensis" vertilgt zum Beispiel gerne Plastikflaschen, wie wir sie aus dem Supermarkt kennen. Entdeckt wurden die hungrigen Winzlinge passenderweise auf Müllhalden. Leider sind sie eher langsam: Bis eine Plastikflasche zerlegt ist, brauchen sie etwa sechs Wochen. Das ist aber immer noch besser als die 450 Jahre, die es sonst dauern würde.

Wachsmotten als Tütenvernichter

Der Plastikhunger von Wachsmotten flog durch Zufall auf: Die Forscherin Federica Bertocchini entdeckte die würmchenförmige Larve in ihrem Bienenstock. Weil die Larven für Bienen lästig sind, sammelte sie diese ein und warf sie in eine Plastiktüte - in der nach einer Weile lauter kleine Löcher auftauchten. Begeistert nahm die Forscherin die Plastikvernichter daraufhin mit ins Labor. Bei der Untersuchung verdrückten 100 Larven in zwölf Stunden etwa 92 Milligramm Einkaufstüte. Das ist kaum mehr als eine kleine Ecke, aber trotzdem Rekord unter den Plastikfressern.

Superwürmer gegen Styropor

Die Larven des Großen Schwarzkäfers können von Styropor leben. Als Forschende sie damit fütterten, konnten sie genug Energie aus dem Kunststoff gewinnen, um sich zu gesunden Käfern zu entwickeln. Wahrscheinlich haben sie Bakterien und bestimmte Stoffe im Darm, die bei der Verdauung des Plastiks helfen. Forschende tüfteln daran, diese im Labor nachzuzüchten. Das könnte künftig dabei helfen, Plastik abzubauen und daraus neue Materialien herzustellen. Aktuell wird nämlich nur rund ein Zehntel des weltweiten Plastikmülls recycelt.

Pilze als Schwammfresser

Plastikfresser gibt es auch unter den Pilzen. Der Gießkannenschimmel zum Beispiel zersetzt Plastik, aus dem Putzschwämme gemacht sind. Für einen Schwamm braucht der Pilz einige Wochen, in der Natur wären dafür Jahrzehnte nötig. Im Moment suchen Forschende nach Wegen, um sie noch gefräßiger zu machen. Vielleicht wäre dann irgendwann eine Art Plastik-Kompost für Zuhause denkbar: einfach Plastik reinwerfen und Pilze und Bakterien übernehmen dann die Entsorgung.

Birken als Bodenputzer

In unseren Böden gibt es große und kleine Plastikmüllreste. Birken könnten dabei helfen, ihn zu reinigen: Mit ihren Wurzeln nehmen sie Schadstoffe auf und sorgen dafür, dass andere Pflanzen und Bäume wieder wachsen können. Ihre Baumsuperkraft wird schon genutzt, um die Böden von alten Industriegeländen von Schwermetallen und Schadstoffen zu reinigen. Forschende haben nun herausgefunden, dass die Birken-Wurzeln auch winzige Plastikreste aufnehmen können. Leider reicht das aber nicht für riesige Müllmengen und es ist auch noch nicht klar, ob es den Bäumen schadet.

Quallen als Wasserfilter

Quallen sind bei Badeurlauber eher unbeliebt. Doch ausgerechnet ihr glibberiger Schleim könnte helfen, Wasser zu säubern. Wenn es durch den Schleim fließt, bleiben winzigste Plastikreste darin hängen. Das funktioniert sogar besser als bei den Filtern in normalen Klärwerken. Auch Muscheln sind gute Filter-Kandidaten: Sie nehmen die kleinsten Plastikreste aus dem Wasser auf, ohne davon krank zu werden. Das gefilterte Plastik scheiden sie als Muschelkacke wieder aus, die nur noch eingesammelt werden muss. Auf dem Meeresboden wäre das zu aufwendig, aber in einer Filteranlage an Land durchaus möglich.

Kranke Filter-Korallen

Auch Korallen können winzige Plastikteilchen aus dem Meer filtern. Das machen sie automatisch, weil sie sich von winzigen Meerestieren ernähren, die sie aus dem Wasser fischen. Wenn sie dabei ungenießbare Dinge aufnehmen, werden sie normalerweise wieder ausgeschieden. Das Plastik bleibt jedoch in der Koralle. Klingt praktisch, immerhin landet es dann nicht mehr im Fischmagen. Doch die Sache hat einen gewaltigen Haken: Forschende vermuten, dass der Müll den Korallen auf den Magen schlägt und sie krank macht. Das könnte die Korallenriffe dieser Welt zusätzlich gefährden - und damit einen wichtigen Lebensraum von Fischen und anderen Meeresbewohnern.

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