Konzerthaus-Debatte:"Je länger wir warten, desto teurer wird es"

Konzerthaus-Debatte: Denkpause: Nach wie vor ist unklar, ob das neue Konzerthaus im Werksviertel realisiert wird.

Denkpause: Nach wie vor ist unklar, ob das neue Konzerthaus im Werksviertel realisiert wird.

(Foto: Bloomimages/Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH)

Münchens Tourismus-Experten fordern mehr Selbstbewusstsein und kritisieren Markus Söders Denkpause in Sachen Konzerthausbau im Werksviertel.

Von Susanne Hermanski

Die Tourismus-Initiative München (TIM) verfolgt ein Ziel: München so attraktiv wie möglich für Reisende zu machen. Nun hat der Verein, in dem die Wiesn-Gastronomen ebenso organisiert sind wie die Hotellerie, die Messe, traditionsreiche Einzelhändler und Kulturstätten, zum ersten Mal unter seinen Mitgliedern öffentlich ein Stimmungsbild zu Markus Söders "Denkpause" in Sachen Konzerthausbau eingeholt. TIM lud sie zu einer Podiumsdiskussion ins Haus Kustermann.

Die Bilanz war trotz unterschiedlicher Perspektiven, die auf dem Podium vertreten waren, eindeutig. Benedikt Brandmeier, Leiter des städtischen "München Tourismus" sagte: "Für mich stellt sich die Frage nicht, ob wir, da wir die Isarphilharmonie haben, noch ein Konzerthaus brauchen. Das sind zwei Stätten, die sich nicht den Rang ablaufen werden. Beide Häuser können mit ihrer unterschiedlichen Ausrichtung gut nebeneinander bestehen." Denn schon jetzt fehle es an Tickets bei Kulturveranstaltungen, die in der Tourismusbranche als "Schaufensterprodukte" bezeichnet würden. Auch werde in München nicht gezielt betrieben, was etwa bei den Festspielen in Salzburg üblich sei: Dort bekommen Karten-Aspiranten aus New York, die mit Sicherheit länger in der Stadt verweilen und daher auch mehr Geld dort ausgeben, leichter Karten als Interessenten aus der Nachbarschaft.

Die Elbphilharmonie hat Hamburg Selbstbild massiv verändert

Für die Außensicht sorgte Michael Otremba, Chef der Hamburg Marketing GmbH. Die Elbphilharmonie habe Hamburg nicht nur eine andere Wahrnehmung als Kulturstandort beschert. "Man verbindet uns nicht mehr nur mit Musicals", sagte er, "die Zahl der Kulturtouristen hat sich spürbar erhöht". Die Elbphilharmonie habe auch das Selbstbild der Stadt massiv verändert. Weg vom ewigen Understatement, hin zu neuem Selbstbewusstsein. "Das Licht der Elphi scheint auch auf andere Kultureinrichtungen, etwa die Oper, und hat Anstöße gegeben für ein neues Miteinander."

Auf das Bild des kulturellen Leuchtturms nahm auch Lars Bengsch, Diplom-Geograf und Geschäftsführer der Beratungsfirma dwif, Bezug: "Was ich am Konzerthaus reizvoll finde, ist die Urbanisierung der Hochkultur, eben durch den Standort im Werksviertel. Es könnte ein Leuchtturmprojekt werden, nicht nur durch Konzerte, sondern weil es ein cooler Kulturbau ist, den man in diesem ganz besonderen Umfeld unbedingt sehen will."

Die wissenschaftliche Perspektive brachte der emeritierte LMU-Professor Jürgen Schmude ein: "Aus ökonomischer Sicht sind Kulturtouristen eine interessante Zielgruppe, denn sie geben mehr aus auf ihren Reisen als andere Touristen", sagte er. Das relativiere auch, dass nur fünf Prozent der Reisenden angäben, ausschließlich ein bestimmtes Kulturgeschehen zum Anlass für eine Reise zu nehmen. "Die Mehrheit der Menschen, die Neuschwanstein oder den Eiffelturm besuchen, gehen gar nicht rein, wollen aber unbedingt hin. Die Symbolkraft dieser Bauten hat einen hohen Stellenwert."

Wuchtig fasste die Moderatorin des Podiums, Anna Kleeblatt, selbst im TIM-Vorstand, die Saal-Stimmung zusammen: "Ich wünsche mir mehr Mumm bei der Diskussion um das Konzerthaus. Wenn nicht jetzt, wann dann? Je länger wir warten, desto teurer wird es."

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