Corona-Test:Blindflug mit Ansage

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Corona-Bürgertests für alle sollen künftig drei Euro kosten. (Foto: Tom Weller/dpa)

Das Ende der kostenlosen Corona-Tests ist nicht nur für Teststellenbetreiber und das Landratsamt ärgerlich - es macht auch den Arztbesuch in Zukunft riskanter.

Kommentar von Jessica Schober, Dachau

Vor gar nicht allzu langer Zeit hieß ein wichtiges Instrument gegen das Coronavirus: Testen, testen, testen. Nun hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, dass die bislang kostenlosen Corona-Bürgertests ab Juli drei Euro kosten sollen, für vulnerable Gruppen bleiben die Tests ohne Gebühr. Das ärgert nicht nur Teststellenbetreiber und Landratsämter, die sich mehr Planungssicherheit wünschen. Es ist auch gefährlich, weil die Dunkelziffer der Corona-Infektionen so rasant in die Höhe schnellen wird.

Wer derzeit einen positiven Schnelltest hat, wird froh sein, dass in dem kleinen Container am Baumarkt-Parkplatz in Dachau-Ost noch ganztägig Tests möglich sind, auch ohne Anmeldung. Rief man zuletzt mit Symptomen und zwei Strichen auf der Testkassette den Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (116117) an, so wurden einem lauter Teststationen im Landkreis Dachau genannt, die entweder gerade nicht offen hatten oder bereits geschlossen waren. Wer Corona ernst nimmt (inzwischen sind im Landkreis 239 Menschen daran gestorben), wird es in Zukunft schwerer haben, verantwortungsvoll mit einem Infekt umzugehen. Dabei liegt die Inzidenz in Dachau aktuell bei über 600. Dieses als "Sommerwelle" unterschätzte Infektionsgeschehen als ungefährlich abzutun, ist fahrlässig.

Keine schönen Aussichten

Letztlich bedeutet das Ende der kostenlosen Bürgerstest auch: Ein Besuch beim Hausarzt wird wieder riskanter. Bisher sind zahlreiche Infizierte nach einem positiven Schnelltest daheim wohl direkt zum Testzentrum gefahren. Nun werden sie wieder in Wartezimmern sitzen, um einen Abstrich zu bekommen. Vor einigen Arztpraxen im Landkreis weisen Schilder darauf hin, dass Patienten mit Erkältungssymptomen nicht einfach reinmarschieren sollen. Man möge sich vorher telefonisch anmelden. Doch am Telefon ist kein Durchkommen, die Praxistelefonleitungen glühen vieler Orten. Der hustende Mensch bleibt ratlos zurück.

In all diesem Kuddelmuddel wird es auch für die Behörden immer schwieriger, eine grobe Kenntnis der Infektionslage zu erhalten. Landrat Stefan Löwl (CSU) fordert zu recht, ein kostenloses breitflächiges Testangebot beizubehalten. Nun wäre es an der Zeit, mit lokalen Maßnahmen gegenzusteuern. Die Bundesärztekammer verlangte jüngst ein Ende des "Daten-Blindflugs". Noch immer gibt es keine vernünftigen Daten zur Coronalage, Inzidenzen werden mit Zeitverzug per Hand eingesammelt. Und bei kommenden Kostenbeteiligung werden sich noch weniger Menschen testen lassen. Keine schöne Aussicht.

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