FC Barcelona:Lewandowski muss warten

FC Barcelona: Barças Präsident Joan Laporta hat den akuten Finanzbedarf des Klubs unlängst auf 600 Millionen Euro beziffert.

Barças Präsident Joan Laporta hat den akuten Finanzbedarf des Klubs unlängst auf 600 Millionen Euro beziffert.

(Foto: Dax/dpa)

Der FC Barcelona verschafft sich 205 Millionen Euro frisches Geld. Doch für mögliche Großtransfers wie den des umworbenen Bayern-Angreifers braucht Barça noch mehr Geld. Viel mehr.

Von Javier Cáceres

Durch den Verkauf eines Teils seiner TV-Rechte an den Investmentfond Sixth Street steht der milliardenschwer verschuldete FC Barcelona kurz davor, sich finanziell Luft zu verschaffen. Medienberichten zufolge tritt Barça über einen Zeitraum von 25 Jahren zehn Prozent seiner TV-Übertragungsrechte an die in New York gelistete Investmentfirma ab - und erhält dafür Einnahmen von 205 Millionen Euro. Das Geld soll zum Bilanz-Stichtag 30. Juni vorrangig dem Ausgleich der Verluste dienen, die in der vergangenen Saison angehäuft wurden. Sie beliefen sich auf rund 160 Millionen Euro.

Der Finanzanalyst Marc Ciria, der für die in Barcelona ansässige Wertpapiergesellschaft Diagonal Inversores arbeitet, erklärte der SZ, dass "die Einnahme für sich genommen nicht" ausreiche, um neue Spieler unter Vertrag zu nehmen - beispielsweise Robert Lewandowski, der beim FC Bayern noch bis 2023 unter Vertrag steht. Barça steht wegen seiner heiklen Finanzlage unter der besonderen Beobachtung des spanischen Ligaverbandes LFP.

Eine Folge ist, dass Barcelona bei Verpflichtungen zurzeit keine freie Hand hat. Der Klub kann im Moment nur dann neue Spieler unter Vertrag nehmen, wenn er zuvor an anderer Stelle massive Einsparungen nachgewiesen hat. Für jeden Euro, den Barça neu an Gehältern ausgeben will, muss der Klub zuvor mindestens drei Euro nachweislich eingespart haben. Es sei denn, die Einnahmen werden erheblich erhöht. Barças Präsident Joan Laporta bezifferte den akuten Finanzbedarf unlängst auf 600 Millionen Euro.

Der FC Barcelona schleppt nicht nur die Verluste aus der jüngsten Spielzeit, sondern auch aus den beiden vorangegangenen Jahren mit sich herum. In den Bilanzen dieser Spielzeiten wurden Verluste von knapp 500 Millionen Euro ausgewiesen. Um wieder "grüne Zahlen" (Ciria) zu schreiben, sollen weitere Vermögenswerte verkauft werden. Mit einer Unterzeichnung der entsprechenden Verträge wird bis Ende Juli gerechnet.

Angeblich hat Barcelona dem FC Bayern zuletzt 40 Millionen Euro als Ablöse geboten

Dabei geht es um eine weitere, bis zu 15-prozentige Tranche an TV-Rechten sowie um einen Anteil am Merchandising-Geschäft von bis zu 49,9 Prozent. Der Klub hofft, durch Einnahmen von bis zu 600 Millionen Euro die Fesseln des Ligaverbandes LFP ablegen zu können. Branchenexperte Ciria sagt, die Verträge seien offenbar ausgehandelt: "Es geht da, nach allem, was man hört, nur noch um Details." Eine weitere Frage dürfte sein, ob die LFP Wohlwollen aufbringt und übers Kleingedruckte Lösungen aufzeigt. Die Liga müsste ja ein Interesse haben, ihren Wert durch einen Namen wie Lewandowski zu erhöhen.

Die zeitliche Abfolge der Geschäfte verkompliziert dennoch die Lage für Lewandowski. Der polnische Nationalstürmer hat öffentlich den Wunsch geäußert, zum FC Barcelona zu wechseln. Der katalanische Klub bietet ihm dem Vernehmen nach einen Dreijahresvertrag. Der FC Bayern hat zuletzt aber immer wieder betont, den Spieler unter keinen Umständen ziehen zu lassen. Angeblich würde der FC Bayern sein Basta allenfalls überdenken, wenn eine Alternative zum wichtigsten Torjäger der letzten Jahre gefunden wird und Barcelona eine gigantische Ablöse zahlt.

FC Barcelona: Würde sich gerne aus München verabschieden: Robert Lewandowski. Die Lage ist kompliziert.

Würde sich gerne aus München verabschieden: Robert Lewandowski. Die Lage ist kompliziert.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein katalanischer Radiosender meldete am Mittwoch, der FC Barcelona habe den Bayern zuletzt 40 Millionen Euro geboten. Das ist viel Geld für einen Spieler, der im August 34 Jahre alt wird und nur noch ein Jahr unter Vertrag steht. Das Angebot soll bislang unbeantwortet geblieben sein. Die Kommunikation zwischen Barcelona und Bayern gestaltet sich nach SZ-Informationen schwierig.

In Barcelona wird geklagt, Bayern-Verantwortliche würden nicht ans Telefon gehen, wenn Sportdirektor Mateu Alemany anrufe. Zudem gilt das Verhältnis zwischen dem FC Bayern und dem von Lewandowski eingeschalteten Vermittler Pini Zahavi als zerrüttet. Angeblich soll Barcelona ein Angebot sogar per "Burofax" nach München geschickt haben - eine Art Einschreiben, das über die spanische Post zugestellt wird. Eine Bestätigung gibt es dafür nicht. Der Transfermarkt schließt in Spanien am 1. September. Die Saison beginnt in Deutschland am 5. August, in Spanien eine Woche später.

Am 12. Juli muss Lewandowski in München zum Training erscheinen

Nach Lage der Dinge muss Lewandowski am 12. Juli in München zum Training erscheinen. "Die Frage ist, ob Lewandowski wartet oder nicht; ob er also glaubt, dass der FC Barcelona (bis zum Ende der Transferperiode) ausreichend finanzielle Muskeln aufbaut, um ihn zu verpflichten", sagt Ciria. Unabhängig davon wäre es seiner Meinung nach "angebracht, den Großteil der Einnahmen in die Umstrukturierung und den Abbau von Schulden zu stecken". Allein im kommenden Jahr werde ein Kredit bei Goldman Sachs fällig, der sich erst auf 90 Millionen Euro belief, im vergangenen Jahr aber auf 180 Millionen Euro angehoben wurde. In der zweiten Jahreshälfte 2021 wurde ein weiterer 600-Millionenkredit ausgehandelt, mit einer zehnjährigen Laufzeit. Die Schulden Barcelonas belaufen sich auf mehr als 1,3 Milliarden Euro.

So oder so gilt als unabdingbar, dass Barcelona seine horrenden Personalkosten brutal senkt. Sie belaufen sich nach Vereinsangaben auf etwa 560 Millionen Euro für die neue Saison. Sie übersteigen die Gehaltsausgaben von konkurrierenden Vereinen wie Real Madrid oder dem FC Bayern erheblich.

Die Lage ist so heikel, dass der Traum von Trainer Xavi Hernández, zur neuen Saison einen Kaderumbruch herbeizuführen, extrem wackelt. Barcelona hat es bislang nicht einmal geschafft, den Vertrag des 17-jährigen Gavi zu verlängern, er gilt als Megatalent. Bereits verkündete Verpflichtungen wie Andreas Christensen (FC Chelsea) oder Franck Kessié (AC Milan), die beide ablösefrei kamen, harren noch ihrer Spielberechtigung. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Spieler, die sich versilbern lassen, geringer geworden. Zu den begehrtesten Objekten zählt der niederländische Mittelfeldspieler Frenkie de Jong, der von Manchester United umworben wird. Angeblich ist United bereit, mehr als 65 Millionen Ablöse zu zahlen. Doch eigentlich will de Jong den Klub gar nicht verlassen.

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