Diskussion über Geldwäsche:So hart will die EU jetzt Kryptowährungen regulieren

Diskussion über Geldwäsche: Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin ist in den vergangenen Wochen abgestürzt. Und auch die Regeln für den Krypto-Verkehr werden vielerorts strenger.

Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin ist in den vergangenen Wochen abgestürzt. Und auch die Regeln für den Krypto-Verkehr werden vielerorts strenger.

(Foto: IMAGO/Silas Stein/IMAGO/Silas Stein)

Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum machen es Kriminellen leicht, Geld zu waschen. Ein neues EU-Gesetz soll das verhindern. Vor allem um die sogenannten Wallets wurde lange gerungen.

Von Jan Diesteldorf und Nils Wischmeyer, Frankfurt/Köln

Geldkoffer sind out. Kriminelle, die ihre Erträge aus Straftaten waschen wollen, laufen nicht mehr mit Aktenkoffern voller Bargeld dem Zoll in die Arme. Sie nutzen lieber Kryptowährungen, bleiben anonym und verschicken Geld rund um den Globus, ohne von Behörden enttarnt zu werden. Diesem Phänomen begegnet die EU jetzt mit strengen Vorschriften für den Krypto-Geldverkehr: Die Regeln für den bargeldlosen Geldverkehr gelten bald auch für Kryptowährungen wie Bitcoin. Künftig müssen Transfers digitaler Vermögenswerte eindeutig zurückverfolgt und identifiziert werden. So wollen die EU-Institutionen sicherstellen, dass Geldwäsche, Terrorfinanzierung und andere Straftaten leichter aufgeklärt werden können.

Am späten Mittwochabend einigten sich die Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten nach monatelangen Verhandlungen auf eine entsprechend Gesetzesnovelle. Mit der Reform der Geldtransfer-Verordnung werden Krypto-Transaktionen erstmals EU-weit einheitlich reguliert. "Die Vorgaben sind strikt, aber insgesamt verhältnismäßig", sagt Markus Ferber, wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament. Da sich Transaktionsverläufe über die Blockchain detailliert nachverfolgen ließen, sei das Geldwäscherisiko im Krypto-Sektor überschaubar - "solange man an den Schnittstellen zum regulären Finanzsystem gut aufpasst". Blockchains sind digitale, dezentrale Verzeichnisse, auf denen Kryptowährungen betrieben werden.

Konkret erweitert die Vereinbarung die sogenannte "Reiseregel" aus dem traditionellen Finanzwesen auf Überweisungen von Krypto-Werten. Demnach müssen Informationen über die Quelle des Vermögenswertes und seinen Empfänger mit der Transaktion "reisen" und auf beiden Seiten der Übertragung gespeichert werden. Wie klassische Finanzdienstleister sollen auch Anbieter von Krypto-Vermögenswerten künftig verpflichtet werden, diese Informationen mit den zuständigen Behörden zu teilen. Auf Krypto-Dienstleister, etwa Handelsplätze wie Coinbase, Bitfinex oder Bitcoin.de, kommen damit eine Reihe neuer Verpflichtungen zu.

Bis zuletzt hatten die Beteiligten um den Umgang mit sogenannten anonymen Wallets (vereinfacht: Krypto-Geldbörsen) gerungen. Denn wer seine Kryptowerte nicht bei einem Dienstleister verwahrt, taucht in der Blockchain in der Regel nur als ein Code aus Zahlen und Buchstaben auf. Die Mitgliedstaaten hatten sich unter Führung der in dieser Woche endenden französischen Ratspräsidentschaft dagegen ausgesprochen, auch anonyme Wallets aufzunehmen; das Parlament war strikt dafür. Am Ende lief es auf einen Kompromiss hinaus. Kryptowerte-Dienstleister werden künftig verpflichtet, Inhaber von Wallets zu identifizieren, sobald sie mehr als den Gegenwert von 1000 Euro auf einmal an ein Wallet überweisen. Private Transaktionen ohne zwischengeschaltete Plattformen oder Börsen bleiben davon unberührt.

"Wilder Westen unregulierter Kryptowährungen"

"Wir setzen dem wilden Westen der unregulierten Kryptowährungen ein Ende", sagt Ernest Urtasun, zuständiger Berichterstatter der Europäischen Grünen für die Geldtransferverordnung. Der Linken-EU-abgeordnete Martin Schirdewan sagte: "Wie auch beim traditionellen Banktransfer, muss klar nachvollziehbar sein, wer tatsächlich Absender und Empfänger der Kryptowerte ist." Schon längst versuchten Drogenkartelle mittels falscher Identitäten, ihr "blutiges Geld" in Bitcoin und seinesgleichen umzuschichten. Zu ähnlichen Schlüssen kam zuletzt auch Europol. In einem Bericht hieß es, Kryptowährungen würden zunehmend zum Waschen von Erträgen aus Straftaten verwendet. Markus Ferber hätte eine Grenze von 1000 Euro pro Monat besser gefunden - denn mit dem Limit pro Transaktion hätten es Kriminelle weiterhin zu leicht. "Da ist ein Löchlein drin, das man eigentlich gestern hätte schließen können", sagte Ferber der SZ.

Krypto-Branche und Lobbyverbände hatten sich gegen die neuen Regeln gestemmt. Ende März hatte der deutsche Verband der Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom, gewarnt, Europa laufe Gefahr, "seine Zukunft als Innovationstreiber im Krypto-Sektor zu verspielen". Neben der französischen Regierung hatte sich auch Deutschland gegen einen allzu strengen Umgang mit anonymen Wallets ausgesprochen.

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