Wohnungsbau:Große Pläne

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Hier entsteht das neueste Poinger Wohngebiet, es dürfte das letzte seiner Größe gewesen sein. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um dem immensen Zuzug im Landkreis Ebersberg zu begegnen, müssten viel mehr neue Wohnungen entstehen. Doch die Projekte kommen oft nicht schnell genug voran - und es gibt noch ein Problem.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Den Landkreis Ebersberg zu ihrem neuen Zuhause machen, das wollen viele Menschen. Seit Jahren ist der Zuzug einer der höchsten nicht nur bayernweit, sondern auch - trotz der ohnehin nicht gerade geringen Zuzugsraten - der Region München. Das aber führt seit Jahren zu einer Verschärfung auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt, wie nun wieder aktuelle Zahlen belegen: Laut der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) sind im vergangenen Jahr im Landkreis Ebersberg gerade einmal 750 zusätzliche Wohneinheiten fertiggestellt worden. Das Bevölkerungswachstum dagegen lag zuletzt stets bei einem drei- bis viermal so hohen Wert.

Für 2021 liegen zwar noch keine Zahlen vor, aber in den zehn Jahren zuvor lag der Wert der Neu-Ebersberger stets zwischen 1500 und 2500. Einzige Ausnahme: das Corona-Jahr 2020, wo die Bevölkerung im Landkreis laut statistischem Landesamt lediglich um knapp 500 Personen zunahm. Neben der Pandemie könnte aber auch der stockende Wohnungsbau eine Ursache für den etwas schwächeren Zuzug gewesen sein. Denn ein Blick in die bislang wachstumsstärksten Kommunen zeigt, dass die Bautätigkeit in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen hat - auch wenn es vielerorts große Pläne gibt.

In zwei Gemeinden entstehen Wohngebiete

Aktuell in der Umsetzung sind zwei größere Wohngebiete, eines in Poing, das andere in Zorneding. Dort, genauer im Ortsteil Pöring, wird derzeit die sogenannte Wimmerwiese bebaut. In mehreren Bauabschnitten sollen dort bis zu 200 Wohnungen entstehen - 50 davon gehen an die Gemeinde, die sie vergünstigt vermieten will. Sogar 60 günstige Wohnungen sollen im neuen Baugebiet an der Poinger Bergfeldstraße entstehen. Dies ist ganz im Sinne der IG Bau, deren Bezirksvorsitzender Harald Wulf hat nämlich einen "lahmenden Bau von Sozialwohnungen" beklagt.

Das Baugebiet Lerchenwinkel in Poing. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dies liegt aber nicht unbedingt an mangelnder Planung. Etwa in der Kreisstadt, hier hängen derzeit drei größere Bauprojekte in der Warteschleife, die ebenfalls mehr Sozialwohnungen bringen sollen. Bereits seit 2016 beschäftigt sich die Stadt mit dem Wohngebiet Friedenseiche VIII. Insgesamt sechs dreistöckige Mehrfamilienhäuser mit jeweils zwölf bis 15 Wohnungen sollen nördlich der Elsa-Plach- und westlich der Erika-Schienagl-Straße entstehen, die Wohnungen sollen durch eine Genossenschaft errichtet werden, um günstige Preise zu garantieren. Derzeit läuft das Bebauungsplanverfahren, die Bagger dürften frühestens im kommenden Jahr anrücken.

Im Herbst 2021 begann die Bebauung der Wimmerwiese in Zorneding. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bis im zweiten geplanten Ebersberger Wohngebiet, jenem neben der Bahn in der Straße "Am Augrund" etwas passiert, könnte es ebenfalls noch etwas dauern. Hier könnten bis zu 80 neue Wohnungen entstehen, ein Drittel davon vergünstigt. Aktuell wird der Bebauungsplan vorbereitet, immerhin haben sich Stadt und Investor zwei Jahre, nachdem die ersten Entwürfe vorgestellt wurden, auf einen Plan geeinigt. Was über das dritte große Bauprojekt der Kreisstadt nicht gesagt werden kann: das Hölzerbräu-Gelände. Zwar endete im vergangenen Herbst nach zwei Jahren ein städtebaulicher Wettbewerb - das Ergebnis in eine Bauleitplanung zu gießen, ist indes bislang nicht gelungen. Denn Stadt und Investor sind sich uneins darüber, wie dicht, vor allem wie hoch, an der prominenten Stelle neben dem historischen Stadtkern gebaut werden soll. Etwa 60 Wohnungen sollen dort einmal entstehen, auf dem städtischen Teil des Grundstücks, wo jetzt noch die Feuerwehr untergebracht ist, will man in einigen Jahren vergünstigten Wohnraum schaffen.

In Vaterstetten plant man seit zwei Jahren

Solchen plant auch die größte Landkreisgemeinde schon seit geraumer Zeit. Auf einem Grundstück an der Vaterstettener Dorfstraße beim Kreisverkehr sollen um die 130 Sozial- und Gemeindewohnungen entstehen. Allerdings kommt das Vorhaben nicht besonders zügig voran: Anfang 2020 wurde eine erste Planung vorgestellt, knapp ein Jahr später wieder verworfen, und derzeit läuft in Vaterstetten die Debatte, ob wirklich die Gemeinde - wie einst geplant - das auf mehr als 50 Millionen Euro taxierte Projekt umsetzen oder die Aufgabe lieber an eine Genossenschaft vergeben soll.

Mitten im Ort, direkt neben dem Vaterstettener Rathaus und der Kirche liegt eine große Freifläche - bebaut wird diese in nächster Zeit wohl nicht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ohnehin gibt es neben hohen Kosten und langen Planungsprozessen ein weiteres Problem: Den meisten Kommunen im Landkreis geht langsam aber sicher das Bauland aus. Deutlich wurde das im März, als der Vaterstettener Gemeinderat mehrheitlich einen Einspruch gegen das neue Landesentwicklungsprogramm beschloss. Komme dies, wie geplant, sei eine Ausweitung des Siedlungsgebietes nahezu unmöglich, so die Befürchtung. Auch Poing hat nach Abschluss seines aktuellen Baugebietes so gut wie kein Potenzial weder nach innen, noch nach außen mehr. In der Nachbargemeinde Markt Schwaben beklagt man dies schon seit Jahren und führt aktuell eine Debatte, ob man den alten Jahnsportplatz zum Wohngebiet umnutzen soll.

Wo es Freiflächen gibt, sind diese nicht nutzbar

Auch andernorts gibt es zwar noch Freiflächen, diese sind aber nicht einfach so zu bebauen. In Vaterstetten etwa das Gelände direkt neben dem Rathaus - dieses wird allerdings landwirtschaftlich genutzt, und die Eigentümer haben eine Bebauung stets abgelehnt. Die Besitzer der wohl größten innerörtlichen Freifläche im Landkreis - das ehemalige Bahnschwellenwerk in Kirchseeon - wollen zwar gerne bauen, das gut 16,5 Hektar große Gelände ist aber durch die frühere Nutzung stark mit Teerölen und Schwermetallen belastet. Der neue Investor ECE Group hat kürzlich zwar ein ambitioniertes Konzept für bis zu 2800 Einwohner vorgelegt, ob und wann dieses umgesetzt werden kann, ist derzeit aber noch völlig offen.

So könnte das neue Kirchseeoner Ortszentrum nach Vorstellung des Investors einmal aussehen. (Foto: ECE Work & Live/oh)

Laut dem Chef der Baugewerkschaft gibt es aber noch eine weitere Chance für mehr Wohnraum: "Im Kreis Ebersberg schlummert ein großes Potential in der Umnutzung von Altbauten. So lassen sich bei vielen Wohngebäuden, Büro-, Geschäfts- und Parkhäusern Dachetagen aufstocken. Dazu kommt - durch mehr Homeoffice - der Umbau von Büros zu Wohnungen."

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