20 Jahre Petueltunnel:Röhre gegen die Schneise des Grauens

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Früher: Dichter Verkehr wälzt sich an der Oberfläche über den Petuelring. (Foto: Alfred Haase/SZ Photo)

Der Petueltunnel war als Teil des Mittleren Rings politisch einst hart umkämpft. Doch wo einst Lärm und Gestank herrschten, genießen die Anwohner dank des Baus heute das Grün und die Ruhe.

Von Andreas Schubert

Nicht nur für die Bewohner Schwabings und Milbertshofens war der Petuelring eine Schneise des Grauens. Rund 100 000 Autos, Lastwagen und sonstiges aus der Kategorie Kraftfahrzeug wälzte sich an der Oberfläche über den Mittleren Ring, lärmend, oft im Stau stehend, die Luft verpestend. Längst ist davon nichts mehr zu sehen, zu hören oder zu riechen. Die Autos sind im Tunnel verschwunden, darüber erstreckt sich auf 7,4 Hektar Fläche der Petuelpark - eine grüne Oase, wie man sie sich in den Sechzigerjahren nicht hätte vorstellen können.

Am 6. Juli 2002 wurde der Petueltunnel für den Verkehr freigegeben, nach fünf Jahren Bauzeit. Fast genau zwei Jahre später, am 27. Juni 2004, übergab die Stadt den neu angelegten Petuelpark den Bürgern.

Heute: Statt Fahrzeugkolonnen gibt es jetzt reichlich Grün im Petuelpark. (Foto: Leonhard Simon)

Und die Bürger waren es auch, die den Tunnel durchgesetzt hatten. Denn die rot-grüne Rathauskoalition hatte sich Anfang der Neunzigerjahre von den Tunnelplänen am Mittleren Ring verabschiedet. Das Geld war knapp, die Grünen, damals noch der kleinere Koalitionspartner, hatten sich erfolgreich gegen die Projekte gestemmt. Doch im Juni 1996 sprach sich eine denkbar knappe Mehrheit im ersten Bürgerentscheid der Stadtgeschichte für neue Röhren am Ring aus. Der 205 Millionen Euro teure Petueltunnel war das erste Projekt, es folgten der Richard-Strauss-Tunnel 2009 sowie der Luise-Kiesselbach- und Heckenstallertunnel 2015.

Wer jetzt, 20 Jahre nach der Eröffnung des Petueltunnels, auf der Terrasse des Café Ludwig im Petuelpark seinen Cappuccino schlürft, denkt wohl eher nicht mehr an die teils erbittert geführten politischen Debatten der Neunzigerjahre. Stattdessen genießen die Bürgerinnen und Bürger das Grün, das sie längst zu schätzen gelernt haben. Sie nutzen den Park zum Radeln und Flanieren oder zeigen Besuchern die Kunstwerke in der Anlage, etwa die Reiterskulptur "Go" von Pia Stadtbäumer am Fontänenplatz. Auch über der Heckenstallerstraße ist mittlerweile ein Park, der gut angenommen wird. Neue Tunnel, etwa in der Tegernseer Landstraße oder der Landshuter Allee, soll es aber nach dem Willen der heutigen grün-roten Mehrheit nicht geben. Allerdings hat der Stadtrat, unter anderem gegen die Stimmen der Grünen, erst vergangene Woche den Weg für weitere Planungen einer Tunnelanbindung des Autobahnkreuzes A 99/A 92 an die Schleißheimer Straße geebnet.

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