Verletzung von Alexia Putellas:Ein äußerst herber Rückschlag

Verletzung von Alexia Putellas: Fällt mehrere Monate aus und verpasst die EM: die Spanierin Alexia Putellas.

Fällt mehrere Monate aus und verpasst die EM: die Spanierin Alexia Putellas.

(Foto: Richard Lee/Shutterstock/Imago)

Drei Tage vor Spaniens EM-Auftakt erleidet Weltfußballerin Alexia Putellas einen Kreuzbandriss. Für den deutschen Gruppengegner ist der Ausfall ein Schock - und dürfte die Kräfteverhältnisse im Turnier verändern.

Von Anna Dreher, London

Die erste Mitteilung am Nachmittag verhieß schon nichts Gutes. "Alexia Putellas hat eine Verstauchung in ihrem linken Knie während der Trainingseinheit an diesem Dienstag erlitten", schrieb der spanische Fußballverband zunächst. Die medizinische Untersuchung stehe noch aus, erst dann sei die Schwere der Verletzung abzusehen. Wenige Stunden später folgte die nächste Veröffentlichung. Ein Video, auf dem die Nationalspielerin zu sehen ist, wie sie auf Krücken aus dem Teamhotel kommt, begleitet unter anderem von einem Betreuer und ihrer Mitspielerin Mapi Leon. Draußen hievt sie sich auf die Rückbank eines Vans, während ihr linker Fuß gestützt wird. Als die 28-Jährige schließlich sitzt, schaut sie mit leerem Blick nach vorne. Das Ausmaß ihrer Verletzung dürfte sie da längst geahnt haben.

Nach der Untersuchung im Londoner King-Edward-VII.-Krankenhaus stand die Diagnose am späten Dienstagabend fest: Riss des vorderen Kreuzbands im linken Knie, Putellas wird monatelang nicht mehr Fußball spielen können. Die Europameisterschaft in England ist für sie vorbei, bevor das Turnier überhaupt begonnen hat - ein äußerst herber Rückschlag für das spanische Nationalteam, das in der Offensive bereits auf die Kreativität und die Tore der verletzten Jenni Hermoso (45 Treffer in 91 Partien) verzichten muss.

Putellas gilt vielen Experten als derzeit beste Spielerin der Welt. 2022 gewann sie mit dem FC Barcelona das Double, 2021 gar das Triple. Putellas wurde zu Europas Fußballerin und Weltfußballerin des Jahres gewählt sowie mit dem prestigeträchtigen Ballon d'Or ausgezeichnet.

Im zweiten Gruppenspiel trifft Spanien - ohne Putellas - auf Deutschland

Im Nationalteam ist sie ebenso treibende Kraft. Im Mittelfeld war sie mit ihren Barça-Kolleginnen Patri Guijarro und Aitana Bonmati gesetzt, eine bestens eingespielte und unangefochtene Achse. Als erste Spanierin hat sie 100 Länderspiele absolviert. Am Freitag beim Auftakt gegen Finnland in Milton Keynes sollte Nummer 101 hinzukommen. Bei ihrer dritten EM hätte Putellas zweifelsohne zu den populärsten Teilnehmerinnen gehört. Ihr Ausfall nimmt also nicht nur der Auswahl viel Kraft, sondern auch der Europameisterschaft ein gutes Stück Glanz. Die Spanierinnen haben ihre Kapitänin verloren, ihre Anführerin - und die EM einen Publikumsmagneten.

Womöglich aber hilft Putellas' schwere Verletzung der seit 23 Partien ungeschlagenen "La Roja" in gewisser Weise sogar. Gespeist auch aus den Erfolgen Barcelonas, das sich in der vergangenen Saison in 43 von 45 Spielen mit 213:24 Toren durchsetzte und dessen Spielerinnen das Gerüst des Nationalteams bilden, wurden die Spanierinnen klar als Favoritinnen genannt. "Die Erwartung ist sehr hoch, und das ist nicht gut", sagte vor dem Turnier Jorge Vilda, seit 2015 Nationaltrainer: "Wir haben weder die EM noch die WM gewonnen, werden aber zum Sieger oder Finalisten erhoben. Der Druck, der auf den Spielerinnen lastet, ist nicht normal."

Ohne Putellas ist das Team geschwächt - was Spanien in der Rolle als klarer Titelfavorit etwas aus dem Scheinwerferlicht drängt. Der Ausfall ihrer Nummer 14 schmerzt, der Schock darüber dürfte tief sitzen, gleichzeitig aber Druck nehmen. Mit einer Reihe von starken Konkurrenten wie England, Schweden, Frankreich oder Titelverteidiger Niederlande ist der Weg zum Ziel kein leichter.

In der Gruppenphase trifft Spanien nach dem Auftakt gegen Finnland noch auf Deutschland (12. Juli) und den EM-Zweiten von 2017, Dänemark (18. Juli). Bei den vergangenen beiden Europameisterschaften war jeweils im Viertelfinale Schluss, bei der WM das beste Ergebnis 2019 das Achtelfinale. Technisch und taktisch ohnehin versiert, haben sich die Spanierinnen jedoch vor allem körperlich entwickelt und überhaupt professionalisiert. Dieses Jahr könnte tatsächlich mehr drin sein. Die alles überragende Frage ist nun jedoch, ob und wie dieses eigentlich starke Team den Ausfall von Alexia Putellas kompensieren wird.

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