Commerzbank:Risikovorstand geht

Die Commerzbank baut erneut die Führung um: Für Personal ist künftig eine Bankerin aus Österreich zuständig. Risikochef Chromik, in dessen Zeit der verlustreiche Kredit an Wirecard fällt, verlässt das Institut im kommenden Jahr.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Im obersten Führungsgremium der Commerzbank bahnen sich erneut mehrere Wechsel an. Sabine Mlnarsky, 47, bislang für die Erste Bank in Österreich tätig, wird in Nachfolge von Sabine Schmittroth Personalchefin der zweitgrößten deutschen Privatbank, wie der Aufsichtsrat am Dienstag mitteilte. Zugleich habe Risikovorstand Marcus Chromik das Gremium "davon in Kenntnis gesetzt", dass er ein mögliches Angebot einer Vertragsverlängerung nach Auslauf seiner zweiten Amtszeit ab 2023 nicht annehmen werde. Nach gerade einmal sechs Jahren im obersten Führungsgremium war der Risikochef bereits der dienstälteste Vorstand der Bank. Aufsichtsratschef Helmut Gottschalk lobte Chromik in einer internen Mitteilung wortreich für sein umsichtiges Risikomanagement. Mit dem verlustreichen Kredit des Geldhauses an die Pleitefirma Wirecard habe das Ausscheiden nichts zu tun, betonte man in Kreisen des Instituts.

Im Schulterschluss mit anderen Instituten gehörte die Commerzbank zu den großen Geldgebern von Wirecard, führte ab Sommer 2018 sogar ein Konsortium an, das dem Schummel-Konzern eine enorme Kreditlinie von 1,75 Milliarden Euro eingestanden hatte - zu einem Zeitpunkt, als es bereits reichlich kritische Presse-Berichterstattung gab. Noch wenige Monate vor der Pleite im Sommer 2020, zog Wirecard die Linie fast komplett, Geld, das dann für immer weg war. Die Commerzbank, die gerade auch ein scharfes Sparprogramm umsetzen muss, sah sich gezwungen, den Kredit in Höhe von 187 Millionen Euro voll abzuschreiben.

Für den Ausfall haften musste im Vorstand indes niemand. Der Aufsichtsrat habe sich mit dem Kredit an Wirecard umfassend beschäftigt, aber kein Fehlverhalten gefunden, hatte Gottschalk, der erst nach dem Wirecard-Fall ins Amt kam, auf der jüngsten Hauptversammlung im Mai betont. Das Kontrollgremium habe die eigene Einschätzung, dass kein Fehlverhalten vorliege, zudem von einer Kanzlei überprüfen lassen. Ein entsprechender Antrag eines Aktionärs auf Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat wurde abgelehnt.

Ab 2019 hatte das Geldhaus eigentlich wachsende Bedenken, wie Chromik Mitte Januar 2021 im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Wirecard eingestanden hatte, vor allem nachdem die eigene Betrugsabteilung zahlreiche Auffälligkeiten bei Zahlungen von Wirecard gefunden und Geldwäsche-Verdachtsmeldungen an die Behörden gemeldet hatte. Die Bank wollte das Engagement beenden, zog daraus aber nicht den Schluss, das Kreditrisiko abzusichern, wie es einige andere Banken taten. Einer Analystin der Bank, die Wirecard lange überschwänglich gelobt hatte, ließ die Führungsriege bis zum Schluss freies Spiel.

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