Feuerwerk beim Volksfest:Ein Brauch, den es nicht braucht

Feuerwerk beim Volksfest: Das Feuerwerk im Rahmen des Dachauer Volksfestes wird es auch 2022 wieder geben.

Das Feuerwerk im Rahmen des Dachauer Volksfestes wird es auch 2022 wieder geben.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Stadträte haben eine Chance vertan. Sie hätten das Feuerwerk beim Volksfest absagen sollen. Zu viele Gründe sprechen dagegen.

Kommentar von Thomas Radlmaier, Dachau

Ist es 2022 noch zeitgemäß, dass die Stadt Dachau beim Volksfest ein Feuerwerk in den Himmel jagt? Diese Frage warf Stadtrat Wolfgang Moll (Wir) mit seinem mutigen weil unpopulären Antrag auf. Eine Mehrheit im Kulturausschuss bejahte. Einige Stadträte bemühten dafür das wenig überzeugende Des-Hamma-Scho-Imma-So-Gmacht-Argument. Mit dieser Entscheidung wollten es sich die Stadträte nicht verscherzen mit den Dachauern, für die das Feuerwerk das Beste am Volksfest ist. Doch sie haben damit eine Chance vertan. Die Chance, das Feuerwerk beim Volksfest nach schätzungsweise 100 Jahren für alle Zeiten abzuschießen. Und die Chance, den Dachauern zu erklären, warum die richtige Antwort auf die obige Frage lautet: Nein, es nicht mehr zeitgemäß, wenn eine Stadt oder Gemeinde im Sommer Feuerwerksköper verballert.

Zu viele Argumente sprechen dagegen. Erstens der Krieg in der Ukraine. Der Verzicht auf das Knall-Spektakel wäre ein schönes Zeichen der Solidarität an die Menschen gewesen, die vor russischen Bomben und Raketen fliehen mussten und in Dachau unterkamen. Fachleute gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der Geflüchteten mit psychischen Folgen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen zu kämpfen hat. Laute Geräusche wie explodierende Feuerwerkskörper können sie an schlimme Kriegserfahrungen erinnern. Ein Feuerwerk wird natürlich nicht allen Geflüchteten Angst machen. Doch es wäre sensibel gewesen, die Knallerei aus Rücksicht auf alle anderen ausfallen zu lassen.

Städte und Gemeinden sollten Vorbilder sein

Zweitens der Umweltschutz. Laut dem Umweltbundesamt setzt das Abbrennen von Feuerwerkskörpern deutschlandweit jährlich mehr als 2000 Tonen Feinstaub frei. Freilich geht das meiste davon in der Silvesternacht in die Luft. Und bitte nicht falsch verstehen: Es soll jeder selbst entscheiden dürfen, ob er böllern will oder nicht. Doch man muss Feuerwerke auch nicht gleich mit Steuergeldern finanzieren wie in Dachau. Gerade Städte oder Gemeinden sollten Vorbilder sein und angesichts der Erderwärmung Rußemissionen so weit wie möglich reduzieren. Und es wäre ein Leichtes, bei den öffentlichen Feuerwerken anzufangen.

Drittens kann es gefährlich sein, im Sommer brennende Raketen in die Landschaft zu schießen. Phasen der Hitze und Trockenheit nehmen zu, die Waldbrandgefahr steigt. Am Donnerstag war Nationalfeiertag in Frankreich. Üblicherweise gibt es dort dann überall Feuerwerk. Doch in stark bewaldeten Kommunen wurde es verboten. Die Regierung von Oberbayern überwacht den Landkreis wegen Waldbrandgefahr jetzt auch aus der Luft. Aus einer abgefeuerten Rakete kann schnell ein Inferno werden. Und das dafür, dass an einem Abend alle gen Himmel blicken und "Oh" rufen? Ein Brauch, den es nicht braucht.

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