Münchens junge Kreative:Mit dem Blick einer Frau

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(Foto: Robert Haas)

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Stella Deborah Traub

Von Clara Löffler

Kopflose Frauenkörper. Beine, die in High Heels stecken. So lässt sich das Motiv zahlreicher Filmplakate beschreiben. Von "Kingsman" bis hin zu "The Wolf of Wallstreet". Sie alle sind Beispiele für den "Male Gaze", die männliche, heterosexuelle Perspektive. Diese will die Dokumentarfilmstudentin und Fotografin Stella Deborah Traub, 25, hinterfragen und aufbrechen.

(Foto: Robert Haas)

Für die Fotoserie "Keep Bleeding Love" hat Stella Filmemacherin und Aktivistin Quynh Le Nguyen mit Blut im Schritt in der Öffentlichkeit fotografiert, und zwar in eigentlich typischen Modelposen. "Wir haben versucht, Szenen nachzustellen, die den männlichen Blick anziehen, dann aber zurückstoßen durch das Menstruationsblut", erklärt Stella.

(Foto: Robert Haas)

Aus "Keep Bleeding Love" ist ein Film mit dem Titel "Drip" entstanden. Die Freundinnen haben dafür Szenen aus der Popkultur reinszeniert. Da wird etwa ein Mercedes mit schäumendem Blut gewaschen, Models laufen über einen Catwalk mit Blut zwischen den Beinen. Die Engel in der Sixtinischen Kapelle sitzen auf einer blutigen Wolke.

(Foto: Robert Haas)

Die feministische Theorie des "Male Gaze" geht zurück auf die Filmkritikerin Laura Mulvey, lässt sich aber auch auf andere visuelle Künste anwenden. "Eine lange Zeit waren die erfolgreichen Kunstschaffenden Cis-Männer. In ihren Erzählungen ist der Mann ein handelndes Subjekt. Eine Frau hingegen wird angeschaut. Frauen begehren nicht, sondern sie werden begehrt", sagt Stella. Über die Jahre hinweg habe dies unsere Blickrichtung geprägt, unabhängig vom Geschlecht.

(Foto: Robert Haas)

Stella stammt aus einer Arbeiterfamilie. In ihrem neuen Film geht es um die Freundschaft zweier Jugendlicher auf dem Dorf. Der eine, ihr Bruder, ist der Einzige in der Clique, der weggeht, um sein Abi nachzuholen. "Am Anfang meines Studiums hatte ich das Gefühl, dass das, was ich mitbringe, nicht spannend ist. Ich hoffe, dass sich mehr Leute aus Arbeiterhintergründen trauen, ihre Geschichten zu erzählen", sagt sie.

(Foto: Robert Haas)

Stella fotografiert überwiegend analog. "Analoges gibt mehr das Gefühl wieder, das ich in der Situation hatte, als ich das Foto aufgenommen habe. Digitales zeigt mir manchmal Sachen, die ich gar nicht gesehen habe", sagt sie. Ihre Fotos entwickelt sie zu Hause in ihrem Badezimmer. Eine Dunkelkammer braucht sie dafür nicht. Es reicht ein sogenannter Wechselsack, in dem sie den Film öffnet und ein kleiner Tank, in den sie drei unterschiedliche Chemikalien kippt.

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