Geschäftsbericht im Kreistag:Krisengewinner Abfallwirtschaft

Geschäftsbericht im Kreistag: Müll verarbeitende und entsorgende Betriebe in der Region profitieren derzeit noch von den zahlreichen globalen Krisen. Doch das dicke Ende steht laut WGV noch bevor.

Müll verarbeitende und entsorgende Betriebe in der Region profitieren derzeit noch von den zahlreichen globalen Krisen. Doch das dicke Ende steht laut WGV noch bevor.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Landkreis-Unternehmen AWU und WGV schließen das Jahr 2021 mit einem Millionengewinn ab - dank hoher Papier- und Strompreise.

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es ist eine deprimierende Feststellung, die Reiner Späth kürzlich bei der jüngsten Kreistagssitzung in der Wolfratshauser Loisachhalle ausgesprochen hat: "Wir stecken eigentlich in einer Dauerkrise", sagte der Vorsitzende des Abfallwirtschaftsunternehmens im Landkreis (AWU) und der WGV Recycling GmbH. Doch angesichts von Corona-Pandemie, Klimawandel und nun dem Ukraine-Krieg mit der Energiekrise als Folge kann man dem schwerlich nicht zustimmen. Eines aber sei auffallend, bemerkte Späth bei seinem Geschäftsbericht für 2021: "dass die Abfallwirtschaft, so komisch das klingt, im Moment noch zu den Krisengewinnern zählt".

Geschäftsbericht im Kreistag: Reiner Späth, Vorsitzender des Abfallwirtschaftsunternehmens im Landkreis (AWU) und der WGV Recycling GmbH.

Reiner Späth, Vorsitzender des Abfallwirtschaftsunternehmens im Landkreis (AWU) und der WGV Recycling GmbH.

(Foto: Manfred Neubauer)

Dass die Bilanzsumme des Unternehmens für 2021 mit etwa 20,2 Millionen Euro mehr als zwei Millionen Euro über der des Vorjahres liegt und der Jahresüberschuss eine Million Euro übersteigt, habe auch ihn "relativ überrascht", sagte Späth. Das liege einerseits an den Papier- und Altmetallpreisen, die rasant gestiegen seien. Erstere hätten sich seit dem Tiefpunkt Anfang 2020 mehr als verzehnfacht, Letztere seien um den Faktor zwei gestiegen. Diese Umsatzzuwächse hätten den Gebührenhaushalt deutlich entlastet, was sich in unveränderten Abfallgebühren für das Jahr 2022 widerspiegele. Zudem sei der Strompreis, den die WGV mit der Einspeisung aus ihrer Biogasanlage erziele, immens in die Höhe geschossen. Ab 15 Cent pro Kilowattstunde werde die Einspeisung als profitabel betrachtet, sagte Späth. Zum Stand vom 1. Juni habe man 86 Cent pro Kilowattstunde bekommen. "Das ist natürlich eigentlich eine Katastrophe", sagte er zu dem immensen Preisanstieg im Energiesektor, "aber wir profitieren letztendlich davon."

Zu den "Highlights" 2021 gehöre das zweite Blockheizkraftwerk (BHKW), das die WGV am 28. April vergangenen Jahres in Betrieb genommen habe. Dieses habe die Stromeinspeisung von gut fünf Millionen Kilowattstunden im Jahr 2020 auf 6,15 Millionen Kilowattstunden im vergangenen Jahr gesteigert. "Nach einem Jahr Betriebszeit kann man sagen, dass wir unsere Ziele erreicht haben", bilanzierte Späth. Die Hoffnung, mit dem zweiten BHKW kurzfristige Anlagenstillstände überbrücken und Spitzen in der Gaserzeugung vollständig nutzen zu können, habe sich erfüllt.

Als "Insel der Glückseligen" könne man WGV und AWU trotz all dieser glücklichen Umstände indes nicht bezeichnen, mahnte Späth in seinem Bericht. Schließlich laufe der bestehende Vertrag mit dem Stromversorger für das Abfallwirtschaftsunternehmen Ende dieses Jahres aus. Das aktuelle Preisniveau liege aber sieben- bis achtmal so hoch. Ein neuer Vertrag sei bereits aufgesetzt, sagte Späth. Würde man diesen so abschließen, bedeute das Mehrkosten von 500 000 Euro im Jahr für Strom. Zudem seien die Logistikpreise für die Haushaltssammlung zum Juli um 17 Prozent gestiegen. Auch Betriebsmittel und Ersatzteile würden immer teurer. Hinzu kämen die Inflation und die Forderungen nach Lohnerhöhungen bei den Gewerkschaften. Und vom kommenden Jahr an sei geplant, die thermische Abfallbehandlung in den Treibhaugas-Emissionshandel einzubeziehen. "Das dicke Ende kommt noch", prophezeite Späth. "Die Wirtschaftsplanung für 2023 wird interessant."

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