Der griechisch-russische Dirigent Teodor Currentzis, wegen russischer Sponsoren seines Ensembles "Music Aeterna" in die Kritik geraten, gründet nun ein neues Ensemble - das der Suche nach dem wahren klanglichen Geist der Musik verpflichtet sein soll. Es solle "kein Orchester im üblichen Sinne des Wortes" werden, "sondern eine einzigartige kreative Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich der Suche nach dem besten Klang und dem wahren Geist des Musikwerkes verschrieben haben", zitiert die Nachrichtenagentur dpa die Berliner PR-Agentur For Artists. Und nachdem das alles bis jetzt nur Vision war, soll die neue Truppe "Utopia" heißen.
Ob die Neugründung in Zusammenhang mit der politischen Kritik an Currentzis steht, ist bislang unklar - immer wieder war der Dirigent dazu aufgefordert worden, die Finanzierung seiner Musikprojekte neu zu ordnen. Zuletzt stellten internationale Medien zum Start der Salzburger Festpiele die Frage, ob ein Dirigent das Eröffnungskonzert leiten solle, der von einer teilstaatlichen und kremlnahen russischen Bank gesponsort werde, Intendant Markus Hinterhäuser hielt jedoch an dem 50-Jährigen fest.
Currentzis betont nun, das Projekt sei schon länger verhandelt worden, aber erst jetzt sei es startklar. Die ersten Konzerte sollen im Oktober in Luxemburg, Hamburg, Wien und Berlin stattfinden. Currentzis, der noch immer als junger Wilder durch die Klassik-Szene tobt und dabei immer wieder erstaunlich neue Sichtweisen auf Altbekanntes findet, ist musikalisch seriöser, als er manchen auf den ersten Blick erscheint. Immerhin ist er nicht nur künstlerischer Leiter des Ensembles Music Aeterna, sondern auch Chefdirigent des renommierten SWR-Symphonieorchesters.
Das neue Projekt soll ohne russische Sponsoren auskommen
Er dürfte deshalb keine Probleme haben, für sein Ensemble Utopia nach seinen Vorstellungen "Solisten und Konzertmeister aus verschiedenen Orchestern in einem Ensemble zusammenzubringen". Einen festen Sitz wird das Orchester nach Angaben von Currentzis Agentur nicht haben und soll sich allein über Veranstaltungseinnahmen finanzieren. Zusätzlich gibt es Geld von der Kunst und Kultur DM Privatstiftung und von europäischen Mäzenen, wobei offenbar russische Unterstützer ausgeschlossen sind. Explizit formuliert wurde dies aber nicht.
Currentzis, der bislang zu seinem Verhältnis zum russischen Machtapparat und dem Überfall auf die Ukraine geschwiegen hat, redet auch nun wieder lieber über Musik: "Wir betreten ein eher experimentell geprägtes Feld, auf dem wir alle gemeinsam nach dem perfekten Klang suchen. Wir verzichten auf das Bekannte und wagen einen Sprung ins Neue." Klar ist, dass es sich um ein umfangreiches internationales Projekt handelt. 112 Gleichgesinnte aus 28 Ländern machen mit, darunter auch Musiker aus Russland und der Ukraine. Der Kontrabassist Rick Stotijn sagte laut dpa in diesem Zusammenhang: "In einer Welt, die gerade auseinanderfällt, wollen wir einen Raum schaffen, in dem Ideen sich vereinen und der einen Dialog ermöglicht, anstatt zu trennen. Es ist uns jetzt wichtig zu zeigen, dass Hoffnung und Licht stärker sind als alle negativen Umstände."