Fahrräder an der Isar:Zwischen Sonntagsradlern und Lastenpanzern

Fahrräder an der Isar: Auf den Radwegen an der Isar wird es derzeit immer wieder ganz schön eng.

Auf den Radwegen an der Isar wird es derzeit immer wieder ganz schön eng.

(Foto: Robert Haas)

Radwege, nicht breiter als ein umgefallenes Bierfass, und Touristen mit aufreizend langsamer Geschwindigkeit: Die Absurdität der Münchner Mobilität zeigt sich derzeit so schön wie nie an der Isar.

Glosse von Philipp Crone

Das Schlimmste ist, dass man auf niemanden sauer sein kann. Die Rush Hour auf den Isarradwegen ist derzeit vielleicht etwas weniger von einheimischen Krawattenradlern geprägt. Dafür sind nun ganzwöchig die Sonntagsradler unterwegs, gerne in allen europäischen Sprachen einschließlich Schwäbisch, dabei rufend und nach links und rechts zeigend. Die Karawane aus brav hintereinander rollenden Radlern zuckelt also zu diesem Sound auf dem autoreifenbreiten Weg vor sich hin, und statt eines Traktors, wie ihn der Autofahrer gewohnt ist, schaut stattdessen ein auf dem Bike zurückgelehnter Tourist an der Spitze des Pelotons so lange den Friedensengel an, dass kurz unklar ist, ob er Stützräder hat.

So eine Geschwindigkeit ist sonst eigentlich ohne ernste gravitatorische Konsequenzen nicht zu schaffen. Aber es gibt hier eben keine Tempovorgaben. Jeder darf so schnell fahren, wie er mag. Gleichzeitig hat die Entdeckung der Isar-Langsamkeit auch Vorteile. Zum einen schwitzt der Radler nicht. Zum anderen kann er sich in aller Ruhe die Auto-Allee an seiner Seite anschauen.

Wenn man dann davon ausgeht, dass in einem Auto so viele Menschen sitzen wie auf einem Rad, fahren hier morgens und abends auf dem Rad- und dem Autoweg gleich viele Münchner und München-Besucher entlang. Die einen haben dafür aber halt grob überschlagene 1,50 Meter Platz, die anderen mit Parkstreifen eher 15. Was der SUV auf der Fahrbahn ist, rollt als Lastenpanzer auf dem Radweg, und das Pendant zu den tiefergelegten Röhr-Rowdies mit zwölf Zylindern sind auf dem Radweg die kampfklingelnden Rennradler im täglichen Einzelzeitfahren. Wann wohl die Zeit kommt, in der sich eine Radlhauptstadt nicht nur über die Länge der Wege definiert, sondern auch über deren Breite?

Wer zufällig im Urlaub mit dem Rad oder Zug an zum Beispiel Göttingen vorbeikommt, kann sich davon überzeugen, dass es physikalisch möglich ist, Radwege zu bauen, die breiter sind als ein umgefallenes Bierfass. Statt des großspurigen Werbegeheuls könnte München sich doch einfach mal bewerben für den Titel: erste Stadt mit mehrspurigen Radwegen.

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