Kulturpolitik:Das Theater als Wärmestube

Die Gaskrise lässt Finsteres ahnen für Museen, Opernhäuser, Konzerthallen und andere Kulturinstitutionen. Ihnen allen droht nach den Corona-Schließungen nun im Winter der Energie-Lockdown. Wie dem entgegentreten?

Von Susanne Hermanski

Zähneklappern, überall. Trotz 30 Grad im Schatten. Es geht die Angst um vor der Kälte unter Kulturschaffenden. In dieser Woche bildete eine Gruppe von acht Bayerischen Museumsdirektorinnen und Direktoren die Vorhut derer, die diese Angst öffentlich machten - in einem offenen Brief an ihre Träger und die Politik. Das Wort "Schließungsszenario" dürfe "keine Alternative für die Aufrechterhaltung eines Museumsbetriebs" sein, schreiben sie darin etwas verquast.

Doch ihre Furcht ist klar und berechtigt. Das weiß jeder der selbst schon überlegt hat, wie viel Geld er für seine privaten Heizkosten im nächsten Winter zurücklegen sollte. Hochgerechnet auf die Geschossflächen eines Stadtmuseums oder einer Staatsoper kann die Summe gewaltige Ausmaße annehmen. Einen solchen Puffer gibt kein Etat her. Eine Mitteilung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth diese Woche, anlässlich eines Krisengesprächs zwischen ihr, Vertretern der Bundesländer und der Bundesnetzagentur, war überschrieben: "Energieeinsparungen erzielen und Funktionsfähigkeit der Kulturbetriebe sichern". Was gesichert werden muss, wackelt, das weiß jedes Kind. Der Kultur stehen nach den harten Corona-Lockdowns nun Gas-Lockdowns ins Haus. Vielleicht nicht so drakonisch wie in den Wintern 2020 und 2021, aber wer weiß das schon. Roth spricht von "Worst-Case-Strategien, an denen sich die Einrichtungen länderübergreifend orientieren können". Oberste Ziele seien, sie "für das Publikum geöffnet" zu halten und die Sicherheit der Kulturschätze zu gewährleisten.

Wer noch zu Galgenhumor in der Lage ist, denkt vielleicht an die Zeiten nach dem Krieg. Da hat jeder, der ins Theater kommen wollte, ein Brikett mitbringen müssen. Wie ernst das gemeint ist, verdeutlicht der Blick auf eine andere aktuelle Diskussion in Berlin. Dort hat die Linke vorgeschlagen, Sporthallen im Winter in "Wärmeinseln" für Bedürftige zu verwandeln. Bei den Sportfunktionären kam das zwar nicht gut an, aber es hat findige Kulturmacher auf den Plan gerufen. Die forderten umgehend, etwa auch Museen als solche Wärmeorte vorzusehen. Die dürften, ja müssten, dann adäquat beheizt werden, und nicht mittels mitgebrachter Briketts. Ihrem viel beschworenen Ziel, niederschwellig dem Gemeinwesen zu dienen, entspricht das. Und das Theater etwa war auch in der Vergangenheit schon vieles: Moralische Anstalt, politische Hochburg, dann eben in diesem Winter Wärme-Bade-Anstalt. Das ist nicht nur schön, sondern am Ende auch klug.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: