Baustelle in München:Der Landtag ist nicht ganz dicht

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Landtagspräsidentin Ilse Aigner zeigt die Baustelle auf dem Dach des Landtags, das undicht war und jetzt erneuert werden muss. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Das Maximilianeum wird nach 2005 erneut vom Dach bis zum Keller renoviert. Damals wurde wohl gepfuscht. Und diesmal? Eine Baustellenbesichtigung.

Von Johann Osel, München

Junge Leute sitzen mit Kopfhörern lässig an einem hölzernen Rondell, schlendern durch den hellen Raum, an dessen Seite sich eine riesige Leinwand mit bunten Bildern entlang biegt. Politische Bildung findet hier statt, der Bayerische Landtag präsentiert sich ganz cool, gediegen und modern. Das alles sieht man auf einer Schautafel, die das künftige Besucherzentrum zeigt und neben der Landtagspräsidentin Ilse Aigner am Freitag steht. "Diese Säule hier ist das", sagt die CSU-Politikerin - sie meint den hölzernen Treffpunkt, der auf der Tafel markiert ist - und zeigt auf einen unverputzten Betonpfeiler, an dem Baustellenlampen und ein Kabelsalat baumeln. Gediegen ist hier im Raum nichts, es ist laut und staubig. Bauarbeiter werkeln im Hintergrund, es rumst immer wieder, von irgendwoher ertönt eine Schleifmaschine, ein Stück Plane flattert derart laut im offenen Fenster, dass sie zuweilen die Gespräche übertönt.

Dieses Besucherfoyer, zusätzliche Raummöglichkeiten, eine Neustrukturierung der Kellergeschosse, ein neues Dach und insgesamt eine "umfassende energetische Generalsanierung", wie es Aigner nennt - der Landtag ist schon seit geraumer Zeit Baustelle. Das weiß (und hört) jeder, der sich hier häufiger aufhält, es ist eine Sanierung bei laufendem Betrieb. Nun - das Parlament ist eigentlich in den Sommerferien - hat Hausherrin Aigner bei einem Rundgang vom Keller bis zum Dach über die Fortschritte informiert. Das Wichtigste: Die Bauarbeiten, alles in allem Maßnahmen über 106 Millionen Euro, liegen im Zeit- und Kostenplan. Was mit Blick auf viele andere Projekte in heutigen Zeiten schon an sich eine Nachricht ist.

60 000 Besucher pro Jahr

Also Frage an die Präsidentin: Kann man diesbezüglich etwas vom Landtag lernen? Zu sehr will sich Aigner da nicht selber loben. Sie sei froh über die "guten Fachleute" und freue sich, dass alles eben im Plan sei; gleichwohl könne es bei einer so großen Maßnahme "immer Unwägbarkeiten" geben, mahnt sie. Einer von Aigners Fachleuten spricht denn auch davon, dass Lieferengpässe den Arbeiten durchaus zu schaffen machten, zum Beispiel bei Dämmmaterial. Die Teilprojekte werden zu unterschiedlichen Terminen abgeschlossen, 2027 soll der sanierte Landtag komplett fertig sein. Es sei über die Jahrzehnte immer wieder "reingebastelt" worden ins Maximilianeum, sagt Aigner, das Haus sei daher "nicht aus einem Guss".

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Schon zur Landtagswahl 2023 soll das Besucherfoyer fertig sein. Bei 60 000 Gästen pro Jahr benötigt man bessere Strukturen. Kernstück ist eben der halbrunde Raum mit Projektionswand, auf der die Besucher "auf das Erlebnis Parlament emotional und informativ eingestimmt" werden. Die Filme können dann individuell gewählt werden, auch zum Beispiel von den einladenden Abgeordneten passend zum Stimmkreis. Barrierefrei ist der Treffpunkt, das ist nämlich auch so ein Thema. Bis dato müssen Rollstuhlfahrer von ihrer Gruppe getrennt werden und die hintere Pforte nehmen. Auch die Zugangsschleusen sollen neu geschaffen werden, "einladender" und zugleich allen Sicherheitsbedürfnissen entsprechend.

Schon bis zum Jahresende soll das neue Dach fertig sein, auf das Aigner die Presse über einen Baustellenaufzug geleitet. An Plenartagen finden keine Arbeiten auf dem Dach statt. Wenn oben gearbeitet wird, darf sich niemand unten im Plenarsaal aufhalten. "Wir hoffen natürlich, dass jetzt im Sommer möglichst viel geschehen kann, dass kein Sturm, Hagel, Wetter uns das im wahrsten Sinne des Wortes verhagelt", sagt die Präsidentin, während es um sie herum nicht danach aussieht: Die Sonne knallt aufs Parlament.

Energieverbrauch wird gesenkt

Grund für die Großbaustelle in 30 Metern Höhe sind undichte Stellen am bisherigen Glasdach, das erst beim Umbau des Plenarsaals 2005 eingesetzt worden war. Damals wurde wohl gepfuscht - dummerweise war die Gewährleistung schon abgelaufen, als man es feststellte. Zwischenzeitlich musste Wasser mit Eimern aufgefangen werden, der Landtag war nicht ganz dicht. Mit dem Auftrag jetzt wurde für die Laufzeit der Gewährleistung von 21 Jahren ein Wartungsvertrag geschlossen. "Es gibt nicht allzu viele Firmen, die das können", sagt Aigner. Zuständig für diese Arbeiten ist nun die Firma Waagner Biro Steel and Glass aus Wien. Sie hat bereits den Hangar-7 am Flughafen Salzburg und die Reichstagskuppel in Berlin gebaut.

Vom heißen Dach geht's schließlich hinab in den kühleren Keller. Es ist der Hauptstrang der Sanierung, gut zwei Drittel der Kosten sind dazu veranschlagt, es geht um die Haustechnik und Energie. Man habe die Revision der Anlagen und etwa neue Pumpen statt Motoren schon vor der jetzigen Energiekrise beschlossen, so Aigner. Geplant ist an Einsparung: Heizung minus 15, Lüftung minus 20 und Kälte minus 25 Prozent. So viel, wie bei einem derart alten Gebäude möglich ist. Hinzu kämen an Energiereduzierung etwa LED-Beleuchtung, Verzicht auf Warmwasser aus Hähnen in Büros oder die Solaranlagen des Landtags, die auch noch ausgebaut werden könnten. "Ein 148 Jahre altes Gebäude im Bestand zu sanieren, ist eine große Herausforderung", meint Aigner, "aber lohnt sich, eben auch energetisch."

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