Brand im Grunewald:Warum im Grunewald Tonnen an explosivem Material lagern

Brand im Grunewald: Ein Pionierpanzer der Bundeswehr, genannt "Dachs", wird zum Einsatz an die Brandstelle im Berliner Grunewald gebracht.

Ein Pionierpanzer der Bundeswehr, genannt "Dachs", wird zum Einsatz an die Brandstelle im Berliner Grunewald gebracht.

(Foto: Christian Ender/dpa)

Es brennt noch immer auf dem Sprengplatz der Berliner Polizei. Dort Munition aufzubewahren, sei keine gute Idee, heißt es seit Langem. Geändert hat sich seit 1950 aber nichts.

Von Johannes Korsche und Paul-Anton Krüger, Berlin

Der dumpfe Knall einer Detonation macht die Hoffnungen der Feuerwehr in Berlin zunichte. Es ist Donnerstagabend gegen 18 Uhr, ein Hubschrauber der Polizei fliegt über dem Grunewald. Rauchfahnen wabern noch immer da, wo der Sprengplatz der Polizei liegt. Die Lage dort soll eigentlich ein Roboter der Bundeswehr erkunden und wohl auch der Hubschrauber. Doch wieder geht eine größere Sprengladung in die Luft auf dem Platz, auf dem Fundmunition lagert, darunter Weltkriegsbomben.

Seit dem frühen Donnerstagmorgen brennt es dort. Auch zwei Tage nach dem Ausbruch ist der Brand am frühen Samstagmorgen nicht vollständig gelöscht - die nahe gelegene Stadtautobahn Avus und die Bahnstrecke bleiben weiter gesperrt. Nach Angaben der Feuerwehr ist frühestens gegen Samstagmittag mit einer Entscheidung zu rechnen, wann und ob die Strecken geöffnet werden können. Es brenne weiter auf dem Sprengplatz, aber nur innerhalb eines abgegrenzten Gebiets. Dort würden kleinere Brandstellen gelöscht.

Das Feuer loderte zeitweise auf einer Fläche von knapp 50 Hektar, teilte die Berliner Feuerwehr mit, die derzeit 150 Feuerwehrleute im Einsatz hat. Insgesamt waren bereits 400 Kräfte am Ort. Auf dem Sprengplatz lagerten zu dem Zeitpunkt, als das Feuer ausbrach, laut Berliner Polizei etwa 30 Tonnen Kampfmittel sowie mehrere Hundert Kilogramm beschlagnahmte Feuerwerkskörper.

Die Löscharbeiten seien der "herausforderndste und gefährlichste Brandbekämpfungseinsatz der Berliner Feuerwehr in der Nachkriegsgeschichte", teilt die Feuerwehr mit. Erst wenn das Feuer vollständig gelöscht ist, soll die Brandursache geklärt werden. Am Freitagmorgen waren immerhin die umliegenden Brände nahezu vollständig eingedämmt, die Lage auf dem Sprengplatz selbst blieb allerdings zunächst unübersichtlich.

Erst am Freitagvormittag konnte die Polizei mithilfe eines Bergepanzers der Bundeswehr das Areal erkunden. Man habe drei Gefahrenschwerpunkte ausgemacht, sagte Landesbranddirektor Karsten Homrighausen später bei einer Pressekonferenz: zwei Weltkriegsbomben, die bei der Detonation aus ihrer Halterung geworfen wurden, zudem gebe es Bereiche, die durch das Feuer auf bis zu 700 Grad aufgeheizt worden seien und gekühlt werden müssten.

Sperrgebiet mit einem Radius von einem Kilometer

Erst wenn das gelingt, kann die Sperrung der nahegelegenen Bahnstrecke und der Autobahn aufgehoben werden. In einem Umkreis von 1000 Metern hat die Polizei den Brandort abgesperrt - so weit könnten schlimmstenfalls Splitter fliegen, sollte eine der größeren Bomben detonieren, deren Zünder die Sprengmeister bereits ausgebaut oder unschädlich gemacht haben. Möglich sei es aber eventuell, den Sperrbezirk zu verkleinern.

Der Sprengplatz liegt umgeben von Wald, mitten in einem beliebten Naherholungsgebiet. Warum? Die Antwort ist simpel: "Aktuell ist dieser Sprengplatz die einzige genehmigungsfähige Anlage auf Berliner Grund mit 80 000 Quadratmetern, weit weg von Wohnbebauung", sagte die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik im RBB. So ist das seit 1950. Damals, während des Kalten Krieges, blieb kaum ein anderer Ort im Stadtgebiet, um die gefundenen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg kontrolliert zu lagern und zu sprengen. Seither habe es zwar immer wieder Überlegungen gegeben, den Sprengplatz zu verlegen, so die Polizei, doch das Areal im Grunewald sei der einzig mögliche Standort im Gebiet der Stadt.

Auch Versuche, gemeinsam mit dem Land Brandenburg einen Sprengplatz zu betreiben und damit umzuziehen, sind bisher gescheitert. Zuletzt habe es entsprechende Gespräche Anfang der 2000er-Jahre gegeben, teilt das Brandenburger Innenministerium mit. Innenminister Michael Stübgen (CDU) zeigt sich auf SZ-Anfrage offen für eine Zusammenarbeit, "wenn sich Berlin in Zukunft an unseren Verfahren der Kampfmittelbeseitigung beteiligen möchte". Zunächst müsse die Stadt allerdings klären, welche Bedarfe es gebe.

Berlins Polizeipräsidentin hatte davon gesprochen, dass jeden Tag mehrere Explosivstoffe gefunden werden, und auch darauf verwiesen, dass kurze Wege wichtig seien. Es sei auch im Hinblick auf die Sicherheit nicht machbar, 250-Kilo-Blindgänger hundert Kilometer über die Autobahn zu fahren.

Auch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zeigte sich am Donnerstag bereit, über den Standort des Sprengplatzes der Berliner Polizei zu reden. Man müsse sich Gedanken machen, wie in Zukunft mit dem Sprengplatz umzugehen sei und ob auf Berliner Stadtgebiet ein solcher Ort der richtige sei.

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