FC Barcelona:"Die Zukunft wird prächtig"

FC Barcelona: Ein stolzer Präsident: Joan Laporta (links) darf den Barcelona-Fans Robert Lewandowski präsentieren.

Ein stolzer Präsident: Joan Laporta (links) darf den Barcelona-Fans Robert Lewandowski präsentieren.

(Foto: Pau Barrena/AFP)

Zehntausende Barça-Fans heißen Robert Lewandowski im Camp Nou willkommen. Präsident Joan Laporta zeigt sich euphorisch, bedankt sich bei Berater Pini Zahavi - und verkündet trotz Milliardenschulden, der Klub sei "saniert".

Von Javier Cáceres

Joan Laporta, Präsident des FC Barcelona, war außer sich vor Glück, geradezu euphorisch und ekstatisch. Fast 60 000 Menschen sollen am Freitagmittag ins Camp Nou gekommen sein, um der Vorstellung von Robert Lewandowski beizuwohnen. Die Karten waren gratis, ob wirklich alle da waren, war nicht ganz klar, aber um allen wenigstens die Möglichkeit zu bieten, den neuen Barça-Spieler zu sehen, wurde der Beginn der Veranstaltung von 11 Uhr auf 12.30 verschoben. Laporta hatte vor allem Augen für einen Gast auf der Ehrentribüne: Pini Zahavi, Spielervermittler und Agent von Lewandowski. "Danke, Pini!", rief er auf Englisch ins Mikrofon, mit aufgekratzter Stimme, im Stile eines Tribuns. Und als der Applaus aufbrandete, brüllte Laporta noch ein Wort hinterher, das die Innigkeit der Beziehung zwischen den beiden, die Laporta selbst später als "besonders" bezeichnen würde, stärker charakterisierte als jede andere Girlande des Tages: "Brother!"

Der "Bruder", Zahavi also, dürfte gelächelt haben, als er die Worte vernahm; so wie er überhaupt gelächelt haben muss, seit der Deal unterschrieben wurde. Das Fachmagazin The Athletic berichtete dieser Tage, dass Zahavi eine Provision in Höhe von zehn Millionen Euro kassiert habe. Das verlieh der Etikette "Piranha", die Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß einst dem Unterhändler anheftete, eine neue Dimension. Dass es früher mindestens eine Geschäftsbeziehung zwischen Laporta und Zahavi gab, und der Barça-Präsident auch bei der Hochzeit einer Tochter Zahavis als Ehrengast dabei war? Gehen Sie bitte weiter, es gibt nichts zu sehen. Oder doch? Der Betrag, den Zahavi kassieren soll, würde die Lewandowski-Kosten auf eben jene 60 Millionen Euro schrauben, von der schon vor Tagen die Zeitung El País berichtet hatte.

Der FC Barcelona selbst vermittelte offiziell andere Zahlen. Der Klub teilte mit, dass der FC Bayern eine Sockel-Ablöse von 45 Millionen Euro kassiere und durch eine Reihe von sogenannten "Add-ons" auf den Eingang von insgesamt fast 50 Millionen Euro zählen darf. Das macht alle Beteiligten glücklich, erst recht den einst bekennenden Real-Madrid-Fan Lewandowski. Wobei: Laporta höchstselbst versuchte, Lewandowskis frühere Präferenzen für Barcelonas Erzrivalen zu relativieren. Lewandowskis Mutter, die auch bei der Vorstellung zugegen war, habe ihm gesagt, dass sie vor Jahren mit dem Buben im Camp Nou gewesen sei und auch mit der Hand über den Rasen gestrichen habe. "Eines Tages wirst Du hier spielen", habe Mama Lewandowski gesagt.

Laporta betonte, dass die Beziehungen zum FC Bayern durch die zähen Verhandlungen um Lewandowski nicht gelitten hätten: "Wir respektieren den FC Bayern, wie wir alle Klubs respektieren." Hinter den Kulissen hatte es freilich kräftig rumort; die Verärgerung des FC Bayern über die Katalanen und deren aggressives Marktgebaren war zumindest zeitweise groß.

Wie viel davon am Ende gespielt war, dürfte ein Thema für sich sein. Das Schmollen und Grollen an der Säbener Straße wirkte sich jedenfalls aus Bayern-Sicht bestens auf die stattliche Ablösesumme aus. Noch nie zahlte ein Klub eine solch hohe Ablösesumme für einen derart betagten Spieler. "Der beste Killer der Geschichte", wie er am Freitag auf einer Videoleinwand bezeichnet wurde, wird im August schon 34 Jahre alt.

"Wir schließen das Geschäftsjahr im Plus ab, wir sind saniert, die Bilanz ist positiv, auch die Eigenmittel", behauptete Laporta

Die Verwunderung, die in München über die plötzlich so prallen Taschen des milliardenschwer verschuldeten FC Barcelona zu hören war, ist längst transatlantisch: Die New York Times widmete dem Phänomen soeben eine lange Reportage.

In den vergangenen Wochen verschaffte sich der Klub frisches Geld, um nicht nur Lewandowski, sondern auch Raphinha (Leeds United/58 Millionen Euro), Jules Koundé (FC Sevilla/50) sowie die ablösefreien Franck Kessié (AC Milan) und Andreas Christensen (FC Chelsea) zu holen. Dafür wurden jüngst Teile der TV-Rechte und der Medienplattform "Barça-Studios" für rund 860 Millionen Euro verpfändet. "Wir schließen das Geschäftsjahr im Plus ab, wird sind saniert, die Bilanz ist positiv, auch die Eigenmittel", behauptete Laporta am Freitag.

FC Barcelona: Auch neu in Barcelona: der Brasilianer Raphinha.

Auch neu in Barcelona: der Brasilianer Raphinha.

(Foto: Ethan Miller/AFP)

Auf der anderen Seite stehen da noch immer 1,3 Milliarden Euro Schulden. Ob der Klub darob Probleme bei den Spielberechtigungen der Zugänge erwartet? Der spanische Ligaverband LFP muss sich ja erst noch über die Bücher des FC Barcelona beugen; nur wenn die Ausgaben im Einklang mit den zu erwartenden Einnahmen stehen, erhält Lewandowski einen Spielerpass. "Unsere Ansicht nach dürfte es da keine Probleme gegeben. Wir haben alles erfüllt, was von uns verlangt wurde", erklärte Laporta. "Die Unterlagen sind eingereicht, wir warten auf die Antwort der Liga." Und wenn diese negativ ausfallen sollte? Werden weitere Vermögensteile verhökert. Das heißt, in den Worten Laportas, dass "ein weiterer Finanzhebel aktiviert" werde. Die Zeitung Sport aus Barcelona berichtete am Freitag, das sei unverzichtbar. Es müssten wohl auch Spieler verkauft werden. Vorzugsweise Großverdiener Frenkie De Jong, um die Gehaltskosten zu drücken.

Lewandowski übernimmt die Rückennummer 9 von Memphis Depay - die Trikots des Polen verkaufen sich besser

Lewandowski selbst sagte, er wisse, dass Barcelona in den letzten Jahren "durch eine schwierige Zeit gegangen" sei. Aber so groß die Herausforderung auch sei, "die Zukunft wird prächtig". Für ihn persönlich gilt das allemal, angeblich verdient er in den kommenden vier Jahren 23 Millionen Euro brutto. Per annum. Dass sein Vertrag laufe, bis er das 38. Lebensjahr fast komplettiert hat? "Mein Alter ist unwichtig. Ich habe nicht das Gefühl, 34 Jahre alt zu sein. Ich werde noch lange auf Top-Level spielen können", sagte Lewandowski, der "den perfekten nächsten Schritt" in seinem Leben getätigt zu haben glaubt.

Eine andere Nachricht vom Freitag war, dass Lewandowski mit der Rückennummer 9 auflaufen wird, bislang gehörte sie Memphis Depay. Die Degradierung des Niederländers sei "eine Entscheidung des Klubs" gewesen, sagte Präsident Laporta, und meinte: Mit dem Namen Lewandowski lassen sich mehr Shirts verkaufen als mit Memphis.

FC Barcelona: Erstmal ein Autogramm: Robert Lewandowski unterzeichnet ein Porträt von sich selbst.

Erstmal ein Autogramm: Robert Lewandowski unterzeichnet ein Porträt von sich selbst.

(Foto: Pau Barrena/AFP)

Er selbst wolle nicht nur Tore schießen, sagte wiederum Lewandowski, sondern auch die "vielen jungen Spielern mit Riesenpotenzial pushen", denn: "In meinem Fußballerleben habe ich schon viel gesehen." Was er noch nicht gesehen hat? Einen echten Clásico, ein Spiel Barcelonas gegen Real Madrid. Er freue sich drauf, sagte er: "Ich weiß, wie man gegen Real Madrid spielt."

Das wissen sie auch in Madrid nur zu gut. Vor knapp zehn Jahren erzielte er mit Borussia Dortmund in der Champions League vier Tore gegen den spanischen Rekordmeister. Für die Fans des FC Barcelona repräsentieren diese Tore eine Hoffnung auf eine Zukunft, die just auf den Tag genau vor einem Jahr nur düster aussah: Denn da verließ Vereinsikone Lionel Messi die katalanische Hauptstadt und zog gen Paris. "Meine Freude ist riesig, und ich bin mir sicher, dass wir euch in diesem Stadion viele Tore schenken werde", versprach Lewandowski.

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