Landgericht München:Geretsrieder attackiert Notfallsanitäter

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Ein alkoholkranker Mann aus Geretsried hat Notfallsanitäter bei einem Einsatz aufs Übelste beschimpft und versucht, sie zu schlagen. Gegen ein Urteil des Wolfratshauser Amtsgerichts hat er Berufung eingelegt. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Einem 42-fach vorbestraften alkoholkranken Mann drohen fünf Monate Haft oder die Unterbringung in einer Entzugsanstalt.

Von Andreas Salch, Geretsried/München

Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter - sie alle sind zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Stelle, wenn Menschen Hilfe benötigen. Mittlerweile kommt es jedoch immer wieder vor, dass sie bei ihrer Arbeit behindert, bespuckt, beleidigt oder sogar geschlagen werden. Einem Geretsrieder, der Notfallsanitäter bei einem Einsatz aufs Übelste beschimpft und versucht hat, sie zu schlagen, kam dies nun teuer zu stehen. Das Amtsgericht Wolfratshausen verurteilte den 65-Jährigen zu fünf Monaten Haft - ohne Bewährung. Gegen diese Entscheidung legte der alkoholkranke Geretsrieder am Mittwoch vor dem Landgericht München II Berufung ein, mit dem Ergebnis, dass er nun erst einmal von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachtet wird.

Am 6. Oktober vergangenen Jahres hatte der 65-Jährige nachmittags in der Böhmerwaldstraße drei Notfallsanitäter aufgefordert, ihn zu fahren. Dafür bestand jedoch keinerlei Veranlassung, woraufhin der Mann die Helfer mit allerlei Verbalinjurien belegte und drohte, sie zu schlagen. Tatsächlich holte er aus, um einer Sanitäterin einen Schlag zu versetzen. Sie konnte ausweichen. Das Amtsgericht verurteilte den Geretsrieder deshalb wegen Beleidigung, versuchter Nötigung und versuchter Körperverletzung. Zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht war er in leicht alkoholisiertem Zustand erschienen. Da die gemessene Atemalkoholkonzentration sehr gering war, hatte die Verhandlung aber stattfinden können.

Zur Verhandlung an diesem Mittwoch erschien der 65-Jährige zwar nüchtern, aber zu spät. Die Verkehrsverbindungen - "es hat a bissl dauert", entschuldigte er sich. Der Geretsrieder trug Jeans, schwarzweiß-kariertes Hemd, schwarze Weste. Seine schwarze Gangsterstyle-Sonnenbrille hatte er auf den Kopf geschoben. Er sei ja nicht zum ersten Mal vor Gericht, sagte der Richter zu dem Geretsrieder. Der 65-Jährige ist wegen kleinerer Delikte 42-fach vorbestraft. Das sei "ungefähr Vizeweltmeister", stellte der Vorsitzende kühl fest. Was er mit seiner Berufung erreichen wollte, lautete die nächste Frage. "Mein Ziel ist es, meine Wohnung nicht zu verlieren", antwortete der Angeklagte. Er hat ein Zimmer in einer Notunterkunft. Müsste er ins Gefängnis, wäre es weg. Wie sieht's mit dem Alkohol aus, fragte der Richter. "Zur Zeit geht's", erwiderte der Geretsrieder. Er sei sich aber bewusst, dass er es mit seiner "Trinkerei" übertreibe. Es gäbe Hinweise, dass er in einer Entzugsanstalt untergebracht werden müsste, sagte der Richter zu dem 65-Jährigen. Und die Aussicht darauf, dass er mit seiner Berufung Erfolg haben werde, sei eher gering. "Dann sitz' ich halt die fünf Monate ab", meinte der Angeklagte. Das Gericht gewährte ihm eine fünfminütige Bedenkzeit. Als der Vorsitzende zurück in den Gerichtssaal kam, hatte es sich der Geretsrieder aber anders überlegt. Er wollte sich von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachten lassen. Sollte er in dem dann neu stattfindenden Prozess verurteilt werden, muss er das Gutachten selbst zahlen. Die Kosten betragen um die 3000 Euro.

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