Bundesverfassungsgericht:Impfpflicht gegen Masern ist rechtens

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Masern sind eine gefährliche viral übertragene Infektionskrankheit, die vor allem Kinder betrifft, gegen die man sich aber impfen lassen kann. (Foto: Tom Weller/dpa)

Eltern hatten dagegen geklagt, dass Kinder laut Gesetz nicht mehr ohne Immunisierung gegen die Krankheit Kitas und Schulen besuchen dürfen. Die Richter sehen dadurch jedoch keine Rechte verletzt - und nennen dafür vor allem einen Grund.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Als im Frühjahr 2020 Corona die Bühne betrat, war in Deutschland gerade ein Gesetz zur Bekämpfung einer ganz anderen Infektionskrankheit in Kraft getreten. Seit dem 1. März 2020 gilt eine Masern-Impfpflicht für Kita- und Schulkinder. Dagegen haben betroffene Familien geklagt, sie sehen die körperliche Unversehrtheit der Kinder wie auch die Rechte der Eltern unverhältnismäßig eingeschränkt. Nun hat das Bundesverfassungsgericht die Masernimpfpflicht für rechtens erklärt.

Die Vorschrift war letztlich eine Reaktion auf die stagnierende Impfquote, die in Deutschland hinter den Zahlen anderer europäischer Länder zurückbleibt. Das politische Ziel, die Masern völlig zu eliminieren, war damit nicht erreichbar. Deshalb wurde die Aufnahme in die Kita gesetzlich von der Vorlage eines Impfnachweises abhängig gemacht; dies gilt übrigens auch für das Betreuungspersonal.

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Mit seiner Entscheidung definiert das Bundesverfassungsgericht präziser als bei der Covid-Impfung, wie stark Grundrechte zum Schutz der Schwachen eingeschränkt werden dürfen - und macht noch einmal klar, was Freiheit wirklich bedeutet.

Kommentar von Wolfgang Janisch

Auch für Schulen ist die Immunisierung verbindlich, allerdings werden wegen der Schulpflicht ungeimpfte Kinder dort nicht abgewiesen, sondern lediglich Bußgelder verhängt. Masern, darauf weist das Verfassungsgericht hin, sind sehr viel leichter übertragbar als das Coronavirus. Gefährdet sind dadurch insbesondere Säuglinge und Schwangere, für die eine Impfung nicht möglich ist.

Der Schutz vulnerabler Gruppen geht vor

Nach den Worten des Gerichts greift die Regelung zwar in die Grundrechte von Eltern und Kindern ein. Eltern könnten der Impfung ihrer Kleinkinder nur ausweichen, wenn sie auf eine Kita-Betreuung verzichteten. Allerdings sei dieser Eingriff zum "Schutz vulnerabler Gruppen vor einer für sie gefährlichen Masernerkrankung" gerechtfertigt. Die Impfpflicht könne die Impfquote insgesamt steigern und eben auch in Gemeinschaftseinrichtungen wie den Kitas. Was deswegen wichtig ist, weil Kinder häufig Kontakt zu schwangeren Müttern oder Neugeborenen haben, die nicht für eine Impfung in Frage kommen.

Die Risiken einer Impfung hält das Gericht für zumutbar, jedenfalls gemessen an den nicht zu unterschätzenden Gefahren einer Masernerkrankung, zu denen in seltenen Fällen sogar eine lebensgefährliche Gehirnentzündung gehört. "Demgegenüber treten bei einer Impfung nahezu immer nur milde Symptome und Nebenwirkungen auf; ein echter Impfschaden ist extrem unwahrscheinlich", argumentiert das Gericht.

In einem Punkt allerdings kommt das Gericht den Klägern entgegen. Gegen Masern stehen in Deutschland ausschließlich Kombinationsimpfungen zur Verfügung, die auch gegen Mumps, Röteln und Windpocken enthalten. Das ist aus Sicht des Gerichts zwar in Ordnung. Allerdings darf die Liste nicht einfach erweitert werden. Derart gravierende Grundrechtseingriffe bedürften einer ausdrücklichen Gesetzesänderung.

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