Gaspreise:Mit dem Gas schafft Scholz einen Präzedenzfall

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Mieter können natürlich die Raumtemperatur ein wenig verringern, deutlich größer ist das Einsparpotenzial beim Heizen aber an anderer Stelle. (Foto: Liesa Johannssen/imago/photothek)

Die Bundesregierung hilft den Gaskunden - und die werden erleichtert aufatmen. Aber was ist zum Beispiel mit denen, die für teures Geld ihren Öltank auffüllen müssen?

Kommentar von Michael Bauchmüller

Etwas musste geschehen, etwas ist geschehen. Eine staatlich verfügte Umlage, die den Gaspreis für Millionen Haushalte massiv verteuert - und obendrauf noch Mehrwertsteuer? Das hätte die Bundesregierung auf Dauer kaum durchgehalten. Insofern nimmt Olaf Scholz nun den Druck aus dem Kessel, ehe der seiner Koalition um die Ohren fliegt: Er senkt die Mehrwertsteuer auf Erdgas. Doch er ahnt noch nicht, welchen Preis diese Entscheidung haben kann. Denn es gibt noch einige andere Kessel, in denen der Druck steigt.

Natürlich werden nun Millionen Gaskunden erleichtert aufatmen. Aber was ist eigentlich mit denen, die für teures Geld ihren Öltank auffüllen müssen? Wer entlastet Haushalte, die für Holzpellets mittlerweile doppelt so viel ausgeben müssen wie vor einem Jahr? Was ist mit den stark gestiegenen Börsenpreisen für Strom, die irgendwann auch auf Verbraucherinnen und Verbraucher durchschlagen werden?

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Am Energiemarkt hängt eben alles mit allem zusammen; steigt der eine Preis, steigen auch die anderen. Und wer dann nur eine Gruppe entlastet, wird zwangsläufig bei anderen die Frage aufwerfen, wer ihnen eigentlich hilft. Und das alles wegen eines Konstruktionsfehlers bei der Gas-Umlage, den in der Regierung anscheinend keiner gesehen hat: die Extrabelastung mit der Mehrwertsteuer. Sollte ja alles schnell gehen.

Jeder staatliche Preisnachlass engt die Spielräume für gezielte Hilfen ein

Doch nun ist es zu spät, und Pandora lässt grüßen: Die Forderungen nach weiteren Steuersenkungen werden nicht abreißen, und mit dem Gas gibt es nun einen Präzedenzfall. Jedes einzelne Zugeständnis wird Milliarden kosten. Doch nicht nur senkt jeder staatliche Preisnachlass den Anreiz, möglichst viel von der teuren Energie einzusparen - er verringert auch die Spielräume für wirklich gezielte Hilfen.

Für viele Verbraucherinnen und Verbraucher werden die steigenden Energiekosten zwar schmerzlich sein, aber letztlich nicht existenzbedrohend. Doch eine wachsende Zahl von Haushalten droht bei stark steigenden Energiekosten in die Armut abzurutschen. Hier wird zielgenaue Unterstützung am meisten nottun, hier wären die Milliarden sinnvoller investiert als in eine pauschale Mehrwertsteuersenkung. Und fehlt dafür am Ende das Geld, dann bekommt diese Regierung ein echtes Problem.

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