Schwabinger Kinderkrankenhaus:Wie ein Laser Brandopfern helfen soll

Schwabinger Kinderkrankenhaus: Luca, hier zusammen mit dem Leitenden Oberarzt der Kinderchirurgie Carsten Kroh, wurde bereits viermal gelasert.

Luca, hier zusammen mit dem Leitenden Oberarzt der Kinderchirurgie Carsten Kroh, wurde bereits viermal gelasert.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wer schwere Verbrennungen erleidet, hat oft Zeit seines Lebens mit Schmerzen und Behinderungen zu kämpfen. Ein neues Gerät ermöglicht nun eine schonende Nachbehandlung von Narben.

Von Stephan Handel

Es zischt, dann qualmt's, dann stinkt's - und schon hat Luca zehn winzig kleine Löcher in einen Holzspatel gebrannt. Das Gerät, das er dazu in der Hand hält, ist eigentlich kein Kinderspielzeug. Luca ist ja erst zehn Jahre, da hantiert man normalerweise noch nicht mit hochtechnologischem medizinischem Gerät. Aber weil das Gerät normalerweise an Luca selbst eingesetzt wird, er dabei aber in Vollnarkose liegt und also nicht mitbekommt, was mit ihm geschieht, durfte er ihn einmal selbst ausprobieren, den neuen Lumenis Ultrapulse Laser in der Kinderklinik des Schwabinger Krankenhauses.

Luca ist einer der ersten Patienten, der mit dem neuen Gerät behandelt wird. Er hatte vor zwei Jahren einen schweren Unfall erlitten, als er bei einem Freund zum Grillen eingeladen war. Der Vater des Freundes schüttete Spiritus in die Glut, es gab eine Stichflamme, das Feuer erfasste Luca. Große Teile seiner Haut verbrannten, er wurde in ein künstliches Koma versetzt, zurück blieben vernarbte Stellen am ganzen Körper bis ins Gesicht.

"Eine Verbrennung wird nie vollständig geheilt", sagt Carsten Krohn, er ist Leitender Oberarzt und Chef des Zentrums für schwerbrandverletzte Kinder am Schwabinger Klinikum. Während zum Beispiel Leukämien bei Kindern mittlerweile in fast hundert Prozent der Fälle komplett überwunden werden können, haben die meisten Brandopfer Zeit ihres Lebens mit Narben und damit einhergehenden Schmerzen und Behinderungen zu tun. Diese werden zunächst mit Eincremen, mit Massagen und mit Kompressionsanzügen gelindert.

Wenn das nicht mehr hilft, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine, im Moment noch gängige Methode nennt sich "Medical Needling" und ist ausgesprochen grausam: Eine kleine Rolle ist mit 2,5 Millimetern langen Nadeln versehen; mit ihr fährt der Arzt die Narben des - natürlich betäubten - Patienten ab und perforiert kleine Löcher hinein. Dadurch soll die Remodellierung der Haut angeregt werden, Kollagen und Bindegewebe verbessern sich. Allerdings ist das natürlich eine blutige Angelegenheit, zudem muss das ausgetretene Blut von der sowieso schon empfindlichen Haut des Patienten abgewaschen werden.

100 000 Euro kamen beim BMW-Benefiz-Konzert zusammen

Die zweite Methode ist die mit dem Laser - sie macht eigentlich nichts anderes als der nadelgespickte Roller, nur eben mit hochkonzentriertem Licht. Dadurch sind die Perforationen mikroskopisch klein, bluten nicht oder kaum und sind außerdem auch viel besser steuerbar als die mechanische Variante, die in erster Linie von Gefühl und Geschick des Arztes lebt. Angenehm ist das Ganze wohl trotzdem nicht, weshalb der Patient in Vollnarkose versetzt wird.

Carsten Krohn hat offensichtlich Spaß an der Präsentation seines neuen Geräts am Mittwoch - mit wachsender Begeisterung lasert er Loch um Loch in Holzspatel, die den Patienten ersetzen müssen, und führt dann noch Luca die Hand, als der die Maschine ausprobiert, die ihm schon so viel Linderung gebracht hat und noch bringen wird. Bei ihm wäre Medical Needling einigermaßen kompliziert gewesen, weil seine Narben bis zur Nase reichen - "und needlen im Gesicht, das macht man nicht so gerne", sagt Carsten Crohn.

Dass das neue Gerät jetzt in Schwabing zum Einsatz kommen kann, hat zum einen mit Luca selbst zu tun - er ist losgezogen und hat bei Verwandtschaft und in der Nachbarschaft an die 10 000 Euro gesammelt. Für den weitaus größeren Teil aber haben eine Prinzessin und ein Automensch gesorgt, auch sie waren bei der Präsentation dabei: Ursula von Bayern und Bernd Döpke, der Leiter der Münchner BMW-Niederlassung. Sie ist Schirmherrin, er Veranstalter des alljährlichen Benefiz-Adventskonzerts des Autohändlers. Zu ihm kamen am 13. Dezember 2021 zwar nur 125 Zuschauer live ins Cuvilliéstheater. Das lag aber an den Corona-Beschränkungen, weltweit verfolgten mehr als 3000 Zuhörer das Konzert.

"In der Kinderversorgung in München fehlt es nicht an Qualität, aber leider oft an Geld"

Beim Konzert berichtete Luca von seinem Schicksal - was wahrscheinlich nicht wenig zum Erfolg der Spendenaktion beigetragen hat, 100 000 Euro kamen am Ende zusammen. Das reichte für die Anschaffung des Lasers, andere Sponsoren stellen Betrieb und Wartung sicher.

"In der Kinderversorgung in München fehlt es nicht an Qualität, aber leider oft an Geld - hier ist unsere Spende genau richtig und kann sichtbar etwas verändern", sagt Bernd Döpke. Und Ursula von Bayern meint: "Krankheit im Kindesalter ist besonders tragisch und es ist mir ein persönliches Anliegen, mich für einen hohen Behandlungskomfort einzusetzen." Axel Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik, zu der Schwabing gehört, meint: "Wir sind BMW extrem dankbar, dass sie mit ihrem Einsatz die Beschaffung ermöglicht haben."

Viermal ist Luca mittlerweile gelasert worden, alle Beteiligten sind sich einig, dass seine Narben schon viel besser geworden sind. Von der Behandlung selbst bekommt er ja wegen der Narkose nichts mit, aber was für ein Gefühl das denn hinterher sei, wird er gefragt. "Naja", sagt Luca. "Juckt ein bisschen."

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