Steigende Energiepreise:AfD will Proteste mit Großdemo in Berlin anfachen

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Setzt seinen russlandfreundlichen Kurs fort: Der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla. (Foto: Uli Deck/dpa)

Parteichef Tino Chrupalla kündigt einen "heißen Herbst" an und will den Zorn der Deutschen über hohe Gaspreise auf die Straße bringen. Seine Forderungen dürften ganz im Sinne Moskaus sein.

Von Markus Balser, Berlin

Was da im Herbst droht? Kanzler Olaf Scholz (SPD) erlebte das bei seiner Bürgersprechstunde Mitte August in Neuruppin. In sozialen Medien hatte die AfD zum Protest gegen seinen Auftritt angestachelt. "Scholz und die Ampel zerstören den Wohlstand, den unsere Eltern und Großeltern über Jahrzehnte aufgebaut haben", wetterte die Partei und mahnte: "Der Straßenprotest muss intensiviert werden." "Hau ab!" und "Lügner" riefen von der AfD, aber auch von anderen Organisationen und der Querdenkerszene mobilisierte Demonstranten dann während des Auftritts des Kanzlers über den Marktplatz.

Nach dem Willen der AfD war das allerdings nur der Anfang. Denn im Herbst will die Partei mit Protesten gegen die steigenden Energiepreise die Deutschen in größerem Stil auf die Straße bringen. Parteichef Tino Chrupalla kündigte für den 8. Oktober in Berlin eine Großkundgebung seiner Partei unter dem Titel "Nord Stream 2 statt Gasumlage" an. Die Partei werde die Proteste mit einer Kampagne "Unser Land zuerst" flankieren. Ab Herbst werde die AfD dann auch wieder wöchentlich montags auf die Straße gehen, sagte Chrupalla und kündigte damit eine Neuauflage der rechten Montagsdemonstrationen an.

Bei einem Auftritt in Berlin erhob der AfD-Co-Chef schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung und warf etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen "Wirtschaftskrieg gegen Russland" und "völkerrechtswidrige Sanktionen" gegen Moskau vor. Zudem müsse die Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb genommen werden, um die Belastungen für Bürger und Unternehmen zu reduzieren. Während Chrupalla der Regierung vorwarf, mit der Gasumlage die steigenden Preise auszulösen, vermied der AfD-Chef Kritik an Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen die Ukraine und an den bewusst gedrosselten Gaslieferungen, die der eigentliche Grund für Preissteigerungen sind.

Extremisten könnten legitime Proteste unterwandern

Damit setzt Chrupalla seinen auch in der AfD umstrittenen russlandfreundlichen Kurs fort. Auch innerhalb der Partei dürfte das für neue Diskussionen sorgen. Zudem werden Geheimdienste im Herbst vermutlich noch genauer hinschauen, in welche Richtung sich die zuletzt deutlich nach rechts gerückte Partei weiterentwickelt. Die AfD wird vom Verfassungsschutz bereits als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.

Der Inlandsgeheimdienst rechnet im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, möglichen Energieengpässen und hoher Inflation vorerst nicht mit gewalttätigen Massenprotesten. Die Größenordnung möglicher zukünftiger staatsfeindlicher Proteste sei derzeit aber nicht seriös prognostizierbar, hieß es zuletzt aus der Behörde. "Es ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes zu beobachten, ob legitime Proteste von Demokratiefeinden für ihre Zwecke gekapert werden", sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.

Landesverfassungsschutzbehörden in Ostdeutschland beurteilen die Lage kritischer. Thüringens oberster Verfassungsschützer Stephan Kramer etwa warnt, Extremisten könnten legitime Proteste unterwandern, Wut auf den Staat anstacheln. Im Vergleich zu dem, was da "realistisch" drohe, seien die Querdenken-Proteste zu Corona "ein Kindergeburtstag" gewesen.

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