Kolumne "Ende der Reise":Deutschlands Traumwelten

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Die Welt im Kleinformat: Das Miniatur-Wunderland in Hamburg ist laut Guinness-Buch die größte Modelleisenbahnanlage der Welt. (Foto: Markus Scholz/dpa)

Vom Miniatur-Wunderland bis Neuschwanstein: Die größten Attraktionen hierzulande eint, dass sie menschengemachte Sehnsuchtsorte sind.

Glosse von Dominik Prantl

Das Online-Voting erfreut sich bei den Internetgestaltern schon deshalb größter Beliebtheit, weil man je nach Webseitenprofil die wunderbarsten Nebensächlichkeiten wie etwa die Lieblingsstellung beim Geschlechtsakt, die Siegchancen von Frankfurts Fußballern am Wochenende oder auch die beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Deutschland abfragen darf. Letzteres hat die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) getan - und gerade weil es der Begriff "Sehenswürdigkeit" in seiner Unschärfe locker mit den touristischen Wortvettern "Attraktionen" und "Destinationen" aufnehmen kann und den Online-Votern in einer offenen Umfrage viel Spielraum bei Antworten gewährt, lässt sich an dem kürzlich präsentierten Ergebnis durchaus ein Muster erkennen.

Platz eins belegte - schon zum vierten Mal in Folge und für Experten daher selbstverständlich - das Hamburger Miniatur-Wunderland, die laut Guinness World Records und Wikipedia größte Modelleisenbahnanlage der Welt. Auch den zweiten Platz hat mit dem Europapark Rust ein alter Bekannter verteidigt, jener Freizeitpark im baden-württembergischen Niemandsland mit seinen 18 europäischen Themenwelten. Platz drei ging an Rothenburg ob der Tauber, als Fachwerkensemble ebenfalls so eine Art Eisenbahnwelt, und sogar dahinter stehen mit Schloss Neuschwanstein und dem Phantasialand in Brühl zwei weitere Märchen- und Traumwelten aus den traditionsreichen Werkhallen der germanischen Eskapismusfabrik. Erst danach folgt mit Berlin eine halbwegs ordentliche Stadt und schließlich mit dem Nationalpark Schwarzwald so etwas wie eine originär deutsche Landschaft.

Nun muss man auf eine solche Umfrage vielleicht genauso wenig geben wie auf Prognosen eines Bundesligasiegs der Frankfurter, selbst wenn sie von der ehrwürdigen DZT stammt und 15 000 Leute aus 30 Ländern mitgemacht haben, die tatsächlich nicht alle als Mitarbeiter beim Miniatur-Wunderland angestellt sein dürften. Allerdings sieht es schon seit einigen Jahren - und das finden die Reiseprofis der DZT womöglich gar nicht so lustig - wohl so aus: Deutschland ist international nicht als Destination der unverwechselbaren Naturregionen und einzigartigen Großstädte bekannt. Es ist ganz offensichtlich das Reiseland der verniedlichten Sehnsuchtsorte und austauschbaren Themenparks. Na bravo!

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