Erntebilanz Dachau:"Über den Winter brauchen wir unbedingt Regen"

Erntebilanz Dachau: Auf einem Feld in der Nähe von Schönbrunn steht die Maisernte noch an. An manchen Orten musste der Mais wegen der Trockenheit schon notgeerntet werden.

Auf einem Feld in der Nähe von Schönbrunn steht die Maisernte noch an. An manchen Orten musste der Mais wegen der Trockenheit schon notgeerntet werden.

(Foto: Toni Heigl)

Der extrem heiße und trockene Sommer macht der Landwirtschaft zu schaffen. Für den Landkreis Dachau zieht BBV-Kreisobmann Simon Sedlmair zwar noch keine katastrophale Erntebilanz, aber eine durchaus alarmierende.

Von Ayça Balcı, Dachau

Vergangenes Jahr war es zu nass, dieses Jahr zu trocken - die deutschen Landwirtinnen und Landwirte haben es nicht leicht. In diesem Sommer ist die Getreideernte zwar etwas besser als 2021 ausgefallen, aber geerntet wurde in Deutschland trotzdem deutlich weniger als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Für den Landkreis Dachau zieht Simon Sedlmair aus Puchschlagen, der Dachauer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, eine nicht ganz so schlimme Erntebilanz, zumindest für das Getreide. "Wir sind hier besser dran als der Norden", sagt der Landwirt: "Manche Getreidesorten konnten dort nicht einmal gedroschen werden, weil nichts gewachsen ist." Dass es hier nicht zu Extremausfällen bei der Ernte kam, habe der Landkreis dem "guten Frühjahr" und der Beschaffenheit der Böden zu verdanken, die Wasser besser speichern könnten. Positiv ausgewirkt habe sich auch der kühle und nasse Sommer 2021, sagt Sedlmair: "Ohne den Regen letztes Jahr hätten wir jetzt eine Katastrophe erlebt." Das Getreide sei zwar schon früher als sonst reif gewesen, die Ernte insgesamt durchschnittlich ausgefallen. Nur beim Weizen seien die Eiweißwerte etwas niedriger. "Aber da brauchen wir gar nicht zu jammern", so der BBV-Kreisobmann.

In der Region gibt es große Ernteunterschiede

Deutlich anders sieht es beim Mais, bei Kartoffeln und Zuckerrüben aus. Der Wassermangel habe sich bei den sogenannten Hackfrüchten, die länger auf dem Acker wachsen müssen, wesentlich stärker bemerkbar gemacht. "Die Ausfälle sind hier heftiger, weil irgendwann das Wasser ausgegangen ist", erklärt Sedlmair. Die Einbußen lägen bei etwa 30 Prozent. Gleichzeitig merkt er an, dass es dieses Jahr besonders schwierig sei, genaue Einschätzungen abzugeben. Außergewöhnlich sei nämlich, dass es im Landkreis sehr große Unterschiede bei der Ernte gebe - nicht überall habe es gleich viel geregnet.

Der Grund: In diesem Sommer gab es kaum flächendeckenden Regen sondern eher örtlich eingegrenzte Gewitter. So habe man nördlich des Landkreises Dachau, etwa in Jetzendorf oder Aichach, mit einem größeren Wassermangel zu kämpfen gehabt. Aber auch in der Gemeinde Schwabhausen, wo Sedlmair seine Landwirtschaft betreibt, sei es trockener gewesen als in Dachau. "Es kam vor, dass es hier komplett trocken war, und nur ein paar Kilometer weiter hat es fünfzehn Liter geregnet."

Erntebilanz Dachau: Der Klimawandel zeige sich auch hier im Landkreis, sagt Landwirt und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes Simon Sedlmair.

Der Klimawandel zeige sich auch hier im Landkreis, sagt Landwirt und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes Simon Sedlmair.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Einen großen Vorteil hätten in diesem Sommer Landwirte gehabt, die ihre Äcker mit Anlagen beregnen: "Die konnten ihre Kartoffel- und Zuckerrübenernte einigermaßen retten", so der BBV-Kreisobmann. Landwirt Georg Großmann-Neuhäusler beregnete zumindest einen Teil seiner Anbauflächen in Vierkirchen-Pasenbach, doch: "20 bis 25 Prozent Einbußen werden wir trotzdem haben", vermutet er. Die dauerhafte Hitze bleibe ein Problem: "Wenn es permanent über 30 Grad hat, bringt die Beregnung auch nicht sehr viel." So würden Kartoffeln schon ab 25 Grad nicht mehr gut wachsen, für Karotten werde es ab 30 Grad kritisch.

Hitzebedingte Ausfälle führen zu Futterknappheit

Durchgehend schlimm sei der heiße Sommer für das Grünland im Landkreis gewesen. "Hier haben wir mindestens 30 Prozent weniger Ertrag", sagt Sedlmair. Ein erster und zweiter Schnitt sei noch möglich gewesen, dann aber habe es einen "Totalausfall" gegeben. Daraus ergibt sich ein großes Problem für Landwirte, die Viehhaltung betreiben, denn nächstes Jahr wird es ihnen sehr wahrscheinlich an Futter fehlen. Die Futterknappheit treibe schon jetzt die Preise auf dem Markt in die Höhe, berichtet der Kreisobmann. Denn nicht nur hier in der Region, sondern deutschland- und europaweit sei es enorm trocken. "Der Landwirt, der Futter zukaufen muss, der muss viel tiefer in die Tasche greifen - wenn er denn überhaupt etwas kriegt."

Die extreme Trockenheit macht auch dem Forstbetrieb Probleme. Bäume sind geschwächt, der Borkenkäfer hat leichtes Spiel. "Die Fichte leidet schon, die Buche wird es auch noch müssen," prognostiziert Sedlmair. Über den Herbst und Winter bräuchten Felder und Wälder also unbedingt Regen, "sonst erleben wir nächstes Jahr wirklich eine Katastrophe." Insgesamt seien die Aussichten für die Zukunft nicht besonders gut: "Seit einigen Jahren haben wir immer weniger Regen in der Vegetationszeit", erklärt der Puchschlagener und merkt an, dass der Sommer 2021 eine Ausnahme war. Der Klimawandel mache sich also auch hier im Landkreis deutlich bemerkbar.

Der BBV fordert Soforthilfen und strukturelle Veränderungen

Wenn es so weiter gehe, werde man zunehmend auf Beregnungsanlagen setzen müssen, schätzt Sedlmair. Doch aktuell verfüge nicht jeder Landwirt über solche Möglichkeiten. Der Bauernverband fordert daher Soforthilfen und strukturelle Veränderungen. Landwirte dürften mit den Risiken und Problemen durch Dürre- und Hitzeschäden nicht allein gelassen werden. "Bei uns sind die Einbußen noch nicht so extrem. Aber in Franken haben sie 50 bis 60 Prozent Ausfälle", die Landwirte werden finanzielle Unterstützung benötigen, sagt Sedlmair: "Viehhalter werden Futter zukaufen müssen und Ackerbauer, die keine Beregnungsanlage haben, werden extrem ins Minus rutschen."

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